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Schwimmen Hauptrolle für Zobel

Marius Zobel vom SC Magdeburg ist zum ersten Mal für eine Junioren-WM nominiert worden. Als Staffelschwimmer reist er nach Indianapolis.

Von Daniel Hübner 08.06.2017, 01:01

Magdeburg l Marius Zobel ist gerade 17 Jahre jung, aber mit 2,05 Metern bereits von stattlicher Größe. Nicht etwa ein ungelenker Schlaks, sondern kräftig, muskulös und beweglich, weshalb er als Double für jeden Actionfilm prädestiniert wäre. Für die Hauptrolle würde es noch nicht reichen, denn Zobel lächelt das Lächeln eines Teenagers, dem es komplett an Boshaftigkeit fehlt und der die Welt durch neugierige braune Augen erkundet. Aber er tastet sich langsam heran an eine erfolgreiche Zukunft in den Studios, die Blockbuster aus der Welt des Schwimmens produzieren. Sein Trainer Bernd Berkhahn sagt: „Er ist ein akribischer Arbeiter, sehr konzentriert, sehr zielorientiert.“ Diese Eigenschaften haben Marius Zobel nun die erste Nominierung für eine Junioren-Weltmeisterschaft eingebracht.

Vom 23. bis 28. August startet er zumindest in der 4 x 200-Meter-Freistil-Staffel in Indianapolis (USA), wo Zobel zum 20-köpfigen Athleten-Ensemble des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) zählt. Ob ihm Nachwuchsbundestrainer Mitja Zastrow auch einen Soloauftritt zugesteht, ist noch offen. Bei den Jahrgangsmeisterschaften zuletzt in Berlin hat Zobel die Vorlauf-, aber nicht die Finalnorm (1:50,54) über 200 Meter Freistil erfüllt. Und war traurig. „Der Druck war auf jeden Fall da“, erklärt Zobel, der seine Bestzeit von 1:49,82 Minuten aus dem April in Eindhoven (Niederlande) für einen JWM-Einzelstart hätte bestätigen müssen: „Vielleicht fehlt mir noch die Erfahrung, denn ich war in Eindhoven das erste Mal unter 1:50 Minuten geblieben. Aber gerade diese Wettkämpfe auf hohem Niveau braucht man, um konstanter und sicherer zu werden.“

Solch ein Wettkampf ist auch die JWM. Zobel begibt sich dorthin auf eine sagenhafte Reise durch Amerikas Historie. Denn der DSV hat für seine 20 Athleten zunächst ein zweiwöchiges Trainingslager in Louisville, Kentucky, organisiert. Das ist nicht nur die Heimat von zahlreichen Jazz- und Schauspielgrößen, aus Louisville stammt auch ein gewisser Muhammad Ali, der die größte Rolle im Boxen des vergangenen Jahrhunderts spielte, oder eine gewisse Mary T. Meagher, eine der Hauptbesetzungen im Schmetterling-Schwimmen der 1980er Jahre. Meagher stellte im August 1981 Weltrekorde über 100 Meter (57,93 Sek.) und 200 Meter (2:05,96 Min.) auf, die 18 und 19 Jahre hielten, und mit denen sie noch heute jedes olympische Finale erreichen würde. Sie war damals erst 17. Wenn das kein gutes Omen ist.

Von Weltrekorden ist Zobel natürlich einiges entfernt, aber seine persönlichen Bestleistungen haben eine stetige Steigerung erfahren. Von 2015 zu 2016 verbesserte er sich über 200 Meter Freistil um mehr als drei Sekunden, eine Saison später um eine weitere. Ähnlich lässt sich seine Entwicklung auch über 200 Meter Lagen, 100 und 400 Meter Freistil dokumentieren. „Es sind viele große Sprünge gewesen“, erklärt er. „Aber irgendwann ist die Grenze erreicht, dann geht es nur in kleinen Schritten voran.“

Diese Grenze könnte er womöglich mit der Arbeit an seiner Technik hinauszögern. „Er hat in seiner Koordination noch etwas Schwierigkeiten“, so Berkhahn. Es geht zum Beispiel um den optimalen Armzug, der aufgrund seiner Länge viel Kraft benötigt. Es geht um sein Kopfnicken bei der Atmung, das er immer wieder einstreut. Es geht um all die Dinge, die Tempo kosten. „Trotzdem hat er sich wirklich prima entwickelt“, lobt Berkhahn seinen Schützling mit Perspektive: „Er hat das Zeug zum Einzelstart auf internationaler Ebene im Erwachsenenbereich.“

Unter Erwachsenen wird Marius Zobel das nächste Mal bei den deutschen Meisterschaften (15. bis 18. Juni in Berlin) sein – wieder ein Wettbewerb auf hohem Niveau. Entsprechend setzt er sich sein Ziel: „Dort will ich erneut bestätigen, dass ich die JWM-Norm schaffen kann.“ Zumindest wäre es das perfekte Vorschwimmen für eine weitere Hauptrolle neben seinem Staffelauftritt in Indianapolis.