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Schwimmen Hentke entscheidet von Jahr zu Jahr

Franziska Hentke vom SCM möchte sich nicht auf Tokio festlegen: Bis zu den Sommerspielen 2020 ist es „eine lange Zeit“, sagt sie.

Von Daniel Hübner 26.08.2016, 01:01

Magdeburg l Franziska Hentke will diese Fernsehbilder nicht sehen – nicht jene von ihren Rennen in Rio, nicht jene von ihrem Gespräch mit Bundestrainer Henning Lambertz auf der Tribüne des Aquatic Stadiums. Es waren Bilder von der traurigen Schwimmerin und dem Coach, der intensiv auf sie einredete: „Ich soll ruhig drei Tage weinen, aber ich soll mich jetzt nicht von der Weltbühne verabschieden“, waren die Worte von Lambertz, die Hentke in Erinnerung geblieben sind. Dieses Gespräch fand am 9. August Ortszeit statt, Hentke hatte gerade das olympische Finale über 200 Meter Schmetterling verpasst und letztlich Platz elf belegt.
Sie verzichtet inzwischen nicht nur auf die Bilder ihrer Auftritte, sie verzichtet auch auf Mitleidsbekundungen, weil diese „schon manchmal nerven“, erklärt die 27-Jährige vom SCM. Sie hatte bereits zwei Tage nach dem Aus mit ihrer Enttäuschung abgeschlossen. „Ich habe es für mich akzeptiert, etwas anderes bleibt mir auch nicht übrig.“
Akzeptieren musste sie auch die beiden Gründe, die sie für ihr Abschneiden verantwortlich macht. Grund Nummer eins ist der Reisestress: Aus der Höhe in der Sierra Nevada (Spanien) ging es für zwei Tage nach Hause, dann für fünf Tage nach Florianopolis (Brasilien) ins Trainingslager des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) – und von dort aus nach Rio. „Ich bin nirgendwo richtig angekommen.“ Grund Nummer zwei ist eine Mischung aus der Gegenströmung auf dem Rückweg auf Bahn zwei, auf der sie scheiterte, und mangelnder Courage: „Dass es solch eine Strömung gibt, darf bei Olympia nicht passieren. So weiß ich aber, dass ich nicht zu 100 Prozent Schuld bin an meiner Leistung.“ Sie schätzt die Schuldverteilung auf 50:50. „Das ist das einzig Positive, was ich daraus mitnehme.“
Sie hatte sich bei der letzten Einheit vor ihrem Halbfinale gewundert, als sie das erste Mal auf Bahn zwei ihre immer gleiche Trainingsserie geschwommen und plötzlich eine Sekunde langsamer war als sonst. Wie später im Rennen, als sie allein auf den letzten 50 Metern viel Zeit auf die Konkurrenz verlor, obwohl es sich „für mich wie eine 2:05 oder 2:06 Minuten anfühlte“. Stattdessen stand für die deutsche Rekordhalterin (2:05,26) eine 2:07,67 an der Ergebnistafel. Für ihren Trainer Bernd Berkhahn ist deshalb jene Strömung „ein wesentlicher Grund für Franzis Abschneiden“, erklärt der 45-Jährige.
Es wird noch einige Trainersitzungen beim DSV bis Ende September geben, in denen es vieles auszuwerten gilt. Aber bis dahin schwimmt Hentke weiter und der Erholung entgegen. Beim Kurzbahn-Weltcup in Chartres (Frankreich) am Freitag und Sonnabend sowie am kommenden Dienstag und Mittwoch in Berlin ist sie jeweils für vier Strecken gemeldet. Das Programm hat sie sich selbst ausgesucht. Danach beginnt der dreiwöchige Urlaub: „Ich zähle die Tage“, sagt sie.
Bis zu ihrem Karriereende werden indes noch viele Tage vergehen. An die Sommerspiele in Tokio 2020 denkt sie noch nicht. „Das ist so eine lange Zeit bis dahin“, sagt sie und lächelt: „Dann bin ich mit 31 Jahren eine Schwimm-Oma.“ Aber vielleicht auch immer noch die Beste in Deutschland auf ihrer Paradedistanz. Ihr Körpergefühl wird es letztlich entscheiden. „Ich schaue jetzt von Jahr zu Jahr“, betont Hentke. Wie bis 2017 in Budapest: Weltmeisterschaft, ihre dritte. „Das ist mein nächstes Ziel.“