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Nach dem WM-Debakel Tränen und Selbstkritik bei Freiwasserschwimmern

Keine einzige Medaille haben die Freiwasserschwimmer bei der WM gewonnen. Zum Teil Pech, aber auch Fehler und Versäumnis. Für die Wasserspringer laufen die internationalen Titelkämpfe erfolgreicher.

Von Von Holger Schmidt und Thomas Eßer, dpa 21.07.2017, 17:03

Balatonfüred (dpa) - Nach dem WM-Debakel am Plattensee gab es bei den Freiwasserschwimmern viele Tränen und noch mehr Selbstkritik. Auch durch den krankheitsbedingten Ausfall von Altmeisterin

Angela Maurer über die 25 Kilometer blieben die deutschen Athleten ohne Medaille - und das erstmals, seit mehr als eine Distanz geschwommen wird. Deshalb kommt nun alles auf den Prüfstand, trotz einiger unglücklicher Umstände, die das Ergebnis beeinträchtigten.

Nicht so gut war das Resultat am Freitag auch für die Wasserspringer. Florian Fandler und Timo Barthel verpassten die Qualifikation für das Finale vom Zehn-Meter-Turm. Insgesamt kann das Team von Bundestrainer Lutz Buschkow mit zwei Medaillen und sieben weiteren Top-Ten-Plätzen kurz vor Ende ihrer Wettkämpfe allerdings ein sehr positives Fazit ziehen - im Gegensatz zu den Freiwasserschwimmern.

"Wir müssen uns alle hinterfragen. Die Athleten und natürlich auch wir Trainer", sagte Bundestrainer Stefan Lurz. Er räumte unumwunden eigene Fehler ein: "Wir sind zuletzt zu wenig im Freiwasser geschwommen und zu viel im Becken. Da muss ich mir an die eigene Nase packen", erklärte er. "Und was ich mir auch auf die Fahne schreiben muss: Wir haben den Nachwuchs vernachlässigt. Wir waren zu lange mit den Top-Leuten zufrieden, obwohl es immer wieder dieselben waren. Um die dahinter hätte ich mich mehr kümmern müssen. Das fällt uns jetzt ein bisschen auf die Füße."

Über die abschließenden 25 Kilometer belegte Neuling Sarah Boßlett (23/Saarbrücken) Rang 14. Andreas Waschburger (30/Saarbrücken) wurde Zehnter, Sören Meißner (27/Würzburg) kam auf Platz elf. Bei den Frauen holte die Brasilianerin Ana Marcela Cunha Gold, bei den Männer Axel Reymond aus Frankreich.

Dass Routinier Angela Maurer als größte Hoffnungsträgerin kurzfristig ausfiel, passte ins Bild. "Wenn einmal der Wurm drin ist, isser halt drin", sagte Lurz. "Angie hat sich die ganze Nacht übergeben. Sie war sehr traurig und ist in Tränen ausgebrochen. Aber es machte keinen Sinn, sie dieser Belastung über fünf oder sechs Stunden auszusetzen."

Dieses Pech reihte sich ein in die unterschiedlichsten Missgeschicke der vergangenen Woche: Rob Muffels verpflegte sich über zehn Kilometer nicht wie geplant und wurde von Krämpfen geplagt nur 25. Leonie Beck fiel über fünf Kilometer nach einem taktischen Anfängerfehler weit zurück und Lurz erklärte nach Platz 24, man müsse "am Ende des Jahres fragen, ob Freiwasserschwimmen das Richtige ist". Und der Traum vom erhofften Staffel-Gold war bereits nach zehn Metern zu Ende: Finnia Wunram hatte einen Schlag abbekommen, kam als Letzte zum Wechsel und kollabierte. Wunrams siebter Platz über zehn Kilometer war letztlich das beste Ergebnis.

"Teilweise war es Unvermögen, teilweise Pech. Da kam alles ein bisschen zusammen", urteilte Lurz - und erklärte mit Blick auf 2015 in Kasan, als sein Team noch vier Medaillen geholt hatte: "Damals wurde vieles übertüncht. Wenn wir ehrlich sind, waren die Ergebnisse damals schon nicht optimal, vor allem in den olympischen Disziplinen. Und die EM letztes Jahr war auch nicht das Gelbe vom Ei. Intern hätten wir früher aufpassen müssen und hätten nach Kasan 2015 nicht die rosarote Brille aufhaben dürfen. Wir hätten uns intensiver fragen müssen: Wer hat gewonnen? Wo? Und was kommt danach?"

Nun folgte die große Ernüchterung. Damit aber auch die Chance zum Neuanfang. "Das einzig Positive: Das ist ein Hallo-Wach-Effekt", versprach der Bundestrainer: "Wir wissen nun: Wir können so nicht weiterwurschteln. Wir müssen uns zusammenraufen. Wir müssen uns fragen, was wir anders machen können. Damit wir spätestens zur Olympia-Quali 2020 wieder konkurrenzfähig sind."

Deutscher WM-Freiwasserkader