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Meisterschaften in Berlin Schwimm-Coach Lambertz setzt auf Reformen

Nach dem schlechten Olympia-Abschneiden der deutschen Schwimmer treibt Chefbundestrainer Lambertz Reformen voran. Die Neuerungen sorgten zuletzt für reichlich Diskussionen. Von großen Konflikten mit seinen Trainerkollegen will Lambertz jedoch nichts wissen.

Von Thomas Eßer und Christian Kunz, dpa 15.06.2017, 14:38

Berlin (dpa) - Der zuletzt kritisierte Schwimm-Chefbundestrainer Henning Lambertz hat seinen Reformkurs verteidigt. "Das Konzept entspricht meiner Überzeugung", sagte er bei den deutschen Meisterschaften in Berlin.

Lambertz setzt nach dem schlechten Abschneiden seiner Schwimmer bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro auf härtere WM-Normen, ein neues Kraftkonzept und mehr Zentralisierung. In Rio waren die Schwimmer ohne Medaille geblieben.

Lambertz' Maßnahmen wirken sich zum Teil bereits bei den nationalen Titelkämpfen aus: Die harten WM-Normen fordern die Athleten in diesem Jahr besonders. Um ein Ticket für die Weltmeisterschaften vom 14. bis zum 30. Juli in Budapest zu erhalten, müssen sie in der offenen Klasse eine Zeit schwimmen, die bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro für das Finale gereicht hätte. "Die etablierten Athleten sollen bei einer WM den Anspruch haben, dass sie das Finale sehen können", sagte Lambertz.

Leichter haben es die jüngeren Schwimmer, die durch vereinfachte Kriterien in den WM-Kader aufrücken können. Er wollen den jungen Sportlern "das Türchen öffnen" und ihnen die Chance geben, bei der Weltmeisterschaft dabei zu sein, sagte der Trainer.

Das Schwimmen am Limit schon bei den deutschen Meisterschaften birgt aus Sicht von Lagenspezialist Philip Heintz eine Gefahr: Man werde nach den Wettkämpfen "ziemlich ausgelaugt" sein, meint der 26-Jährige. Schließlich müsse man schon in Berlin "zu 100 Prozent da" sein. Heintz hat Zweifel, dass die Sportler dann in Ungarn schon wieder Topleistungen abrufen können.

Für einen weiteren Teil der Reform, die Zentralisierung, hat Deutschlands ehemaliger Vorzeigeschwimmer Paul Biedermann in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" zuletzt sehr wenig Verständnis gezeigt. Er betonte die Nachteile für die kleinen Vereine.

Weltmeister Marco Koch sieht in dem Konzept dagegen auch etwas Gutes. "Zentralisierung kann gerade bei jüngeren Athleten sehr positiv wirken, man sieht, wie andere trainieren, was man selbst machen muss", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Koch meint aber auch: "Ob man das jetzt dauerhaft oder nur punktuell in Trainingslagern machen muss, sei dahingestellt." Das neue Kraftkonzept findet Koch positiv: "Wir trainieren schon seit Jahren so, haben es jetzt weiter angepasst."

Coach Frank Embacher, der den früheren deutschen Vorzeigeschwimmer Paul Biedermann trainierte, kritisierte die Reformen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zuletzt scharf. Der Vertrag des Trainers war Ende letzten Jahres nicht verlängert worden. Derzeit befindet sich Embacher im Rechtsstreit mit dem DSV.

Große Konflikte mit anderen Trainern hat Chefbundestrainer Lambertz nach eigener Aussage nicht. "Ich sehe derzeit kein tiefes Zerwürfnis zwischen mir und den anderen Trainern", sagte er. Es gebe nur einen Trainer, "der offensichtlich das Kraftkonzept nicht richtig gelesen hat", meinte er in Richtung Embacher.