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Scharfe Kritik aus der Türkei CDU-Politiker für Doppelpass als Wahlkampfthema

Gegen den Willen von CDU-Chefin Merkel wollen Unions-Politiker mit dem Thema doppelte Staatsbürgerschaft Wahlkampf machen. Das dürfte weitere Querelen in der Union nach sich ziehen.

09.12.2016, 16:06

Berlin (dpa) - Unionspolitiker wollen die auf dem CDU-Parteitag beschlossene Abkehr vom Doppelpass nun auch im Wahlkampf offensiv vertreten.

Der Beschluss von Essen werde "natürlich" im Bundestagswahlkampf eine Rolle spielen", sagte der schleswig-holsteinische CDU-Landesvorsitzende Daniel Günther den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Optionspflicht gehöre ins Wahlprogramm.

Auch CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer will das Nein von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Wiedereinführung der Optionspflicht für Zuwandererkinder nicht hinnehmen: "Wir können nicht mit Verweis auf den Koalitionsvertrag achselzuckend sagen: Wir bleiben jetzt halt dabei", sagte er der "Welt" (Freitag).

Merkel hatte gleich nach dem Parteitag angekündigt, in dieser Legislaturperiode bei der bisherigen Praxis zu bleiben, die in Deutschland geborenen Kindern von Zuwanderern neben der deutschen Staatsbürgerschaft auch die ihrer Eltern lässt. Sie wolle auch keinen neuen Doppelpass-Wahlkampf, betonte die CDU-Vorsitzende.

Die früher geltende Optionspflicht sah vor, dass sich in Deutschland geborene Zuwandererkinder bis zum 21. Geburtstag für eine von beiden Staatsbürgerschaften entscheiden mussten. Im Koalitionsvertrag wurde auf Druck der SPD vereinbart, den Entscheidungszwang abzuschaffen, was Ende 2014 Gesetz wurde.

Der Beschluss des CDU-Parteitags, diese Regelung wieder abzuschaffen, stieß in der türkischen Regierungspartei AKP auf scharfe Kritik. Dieser sei "ein Ausdruck von Ablehnung gegenüber der türkeistämmigen Bevölkerung in Deutschland", erklärte der deutsch-türkische AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu. Er sprach von einem "Kniefall vor der rechtspopulistischen Agenda der AfD". Zugleich lobte der Abgeordnete die Position der Kanzlerin. Er ist Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im Parlament in Ankara und ein Vertrauter von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.

Scheuer hält die Koalitionsvereinbarung nicht mehr für zeitgemäß: "Da hatten wir noch keine massenhafte Zuwanderung von Menschen, von denen viele wohl auch Bleibeperspektive haben. Wir hatten auch noch keine türkische Innenpolitik auf deutschem Boden."

Der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Paul Ziemiak, geht indessen davon aus, dass eine Abkehr vom Doppelpass erst in der nächsten Legislaturperiode möglich sein wird. Die CDU werde über den Beschluss mit einem neuen Koalitionspartner verhandeln, sagte er im Deutschlandfunk. Der CDU-Parteitag in Essen fasste den Beschluss auf Antrag der JU.

Das CDU-Vorstandsmitglied Stefan Heck (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung: "Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Forderung an zentraler Stelle im Wahlprogramm 2017 auftaucht. Insbesondere die Erdogan-Demonstrationen in Köln mit türkischen Flaggen haben gezeigt, dass wir hier handeln müssen."

Mit Blick auf die Reaktion Merkels sagte der CDU-Innenexperte Armin Schuster der "Rheinischen Post": "Was Angela Merkel da gemacht hat, wird viele Delegierte provozieren." Er kenne "keinen Kreisvorsitzenden, der den Beschluss des eigenen Kreisparteitages anschließend als falsch bezeichnet".

Der Essener Anti-Doppelpass-Beschluss hat die Aussichten für eine schwarz-grüne Koalition im Bund nach Einschätzung von Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt getrübt. "Die Chancen für Schwarz-Grün sind sicher nicht gestiegen", sagte sie der "Saarbrücker Zeitung" (Freitag).

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