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Freihandelsabkommen vor Aus? Die wichtigsten Fragen zum Ceta-Drama

Im Drama um Ceta steht die Stunde der Wahrheit bevor. An diesem Mittwoch dürfte sich entscheiden, ob das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen wie geplant unterzeichnet werden kann oder nicht.

Von Ansgar Haase, dpa 26.10.2016, 10:57

Brüssel (dpa) - 27. Oktober 2016: Dieses Datum sollte eigentlich ein Meilenstein in der Geschichte der europäischen Handelspolitik werden. Nun droht der morgige Donnerstag zum neuen Symbol für eine in wichtigen Fragen handlungsunfähige EU zu werden. Kommt Ceta oder nicht?

Die wichtigsten Fragen zum Drama um den europäisch-kanadischen Handelsabkommen im Überblick:

Ob Ceta an diesem Donnerstag unterzeichnet werden kann oder nicht, hing bis zuletzt davon ab, ob die belgische Regierung zustimmen kann. Was ist der Stand der Dinge an diesem Mittwoch?

Die jüngsten Gespräche mit Vertretern der Regionen Wallonie und Brüssel sowie der Französischen Gemeinschaft wurden am Dienstagabend ergebnislos unterbrochen - sie sollen aber im Laufe des Tages fortgesetzt werden. Auf dem Tisch lagen unter anderem neue Dokumente der EU-Kommission, die den Bedenken der belgischen Ceta-Kritiker Rechnung tragen sollen. Solange der Durchbruch ausbleibt, ist Ceta blockiert. Denn es gilt: Ohne die Zustimmung der belgischen Regionen und Sprachgemeinschaften darf der belgische Premierminister Charles Michel Ceta nicht zustimmen - und ohne Zustimmung aller 28 EU-Regierungen kann Ceta nicht unterzeichnet werden.

Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten - eingeschlossen Charles Michel, sind sich einig darüber, dass Ceta gut für Europa ist. Sie garantieren, dass Arbeitnehmerrechte und europäische Standards in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit und Umweltschutz uneingeschränkt gewahrt bleiben. Worum geht es dann eigentlich?

Das ist bis heute nicht ganz klar. Offiziell fordern die Ceta-Kritiker weitere Klarstellungen zu den Vertragsinhalten, Garantien für die Landwirtschaft und ein erneutes Aufschnüren der Vereinbarungen zur Streitschlichtung zwischen Unternehmen und Staaten. Manch ein Politiker und Diplomat vermutet allerdings, dass hinter dem Veto noch ganz andere Dinge stecken könnten. So hatte kurz vor Beginn des Ceta-Debakels der US-Baumaschinenhersteller Caterpillar den Plan angekündigt, eine in der Wallonie gelegenes Produktionsstätte zu schließen und die Produktion nach Frankreich und in Werke außerhalb Europas zu verlagern. Böse Zungen behaupten nun, der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette wolle über sein Ceta-Veto vor allem Unterstützung für seine von hoher Arbeitslosigkeit gebeutelte Region erzwingen. Von der Schließung des Caterpillar-Werks in Gosselies wären rund 2000 Mitarbeiter betroffen.

Kann der belgische Premierminister Michel die Aufständischen nicht zur Räson bringen?

Die Einflussmöglichkeiten des 40-Jährigen sind äußerst begrenzt. Die in der Wallonie regierende Sozialistische Partei hat wenig Interesse daran, der Föderalregierung das Leben zu erleichtern. Das liegt daran, dass sie derzeit nicht an der belgischen Regierung beteiligt ist. Diese wird von drei flämischen Parteien (Open VLD, CD&V, N-VA) sowie von den frankophonen Liberalen (MR) von Michel gebildet.

Warum ist Ceta so wichtig für die EU?

Zum einen geht es um ein Handelsabkommen, das als das beste und fortschrittlichste gilt, dass die EU jemals ausgehandelt hat. Zum anderen aber auch um übergeordnete Dinge wie Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit. Schon am Montag, als sich das vorläufige Scheitern von Ceta abzeichnete, zeigten sich Befürworter des Abkommens entsetzt. Mit dem vorläufigen Scheitern von Ceta verabschiede sich Europa vorerst aus dem Kreis der verlässlichen Verhandlungspartner, kommentierte der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspar. Ähnlich äußerten sich auch Wirtschaftsvertreter wie BDI-Präsident Ulrich Grillo, der Belgien eine politische Geiselhaft von Ceta vorwarf.

Und die Ceta-Kritiker, von denen es auch in Deutschland viele gibt?

Die zeigten sich zuletzt hocherfreut. Das mutige Nein der Menschen in Wallonien und damit das Nein Belgiens ist ein Dienst an der Zukunft Europas, kommentierte die Organisation Campact. Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold forderte Europa und Kanada bereits am Montag auf, den Vertrag nun noch einmal komplett zu überarbeiten.