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Fragen und Antworten Eine Koalitionsvereinbarung und die Zukunft der Rente

Die Ost-West-Rentenangleichung kommt - später. Die Kleinen gehen vorerst leer aus - eine Solidarrente soll es künftig für sie regeln. Das Rentenniveau soll hoch, die Beiträge niedrig bleiben. Das gibt es nicht zum Nulltarif.

Von Basil Wegener und Ruppert Mayr, dpa 25.11.2016, 17:10

Berlin (dpa) - Eines von zwei offenen Rentenversprechen will die große Koalition offenbar noch in dieser Wahlperiode einlösen: die Angleichung der Ostrenten an das Westniveau. Allerdings gibt es mindestens einen Haken. Die vollständig Angleichung kommt nicht 2020, wie im Koalitionsvertrag zugesichert, sondern erst fünf Jahre später. Und die Finanzierung ist noch nicht geklärt. Zur sogenannten Lebensleistungsrente reichte der Einigungswillen jedoch nicht mehr.

Wie sieht die Ost-West-Angleichung aus?

Sie soll in acht Schritten ab 2018 bis 2025 erfolgen - 35 Jahre nach der deutschen Einheit. Dafür werden aber auch die Löhne in Ostdeutschland bei der Berechnung der Renten-Anwartschaften dann nicht mehr höher bewertet. Die zeitliche Streckung bewirkt, dass es nicht so teuer wird, wie im Entwurf von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) für eine Renteneinheit bis 2020 errechnet. Sie war von Kosten von 7,5 Milliarden Euro in den ersten drei Jahren ausgegangen. Die heutigen Arbeitnehmer im Osten sind in weit geringerem Maß die Verlierer - ihre Löhne werden zunächst weiter bei der Rente aufgewertet.

Wie wird nun finanziert?

Obwohl Nahles davon ausgegangen ist, dass das eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und damit der Steuerzahler die bis zu 3,9 Milliarden Euro stemmen müsse, gab es am Tag nach dem Rententreffen der Koalitionsspitze im Kanzleramt reichlich Verwirrung. Das Finanzministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) sieht den Beitragszahler, also die Rentenversicherung am Zug. Nun wird zwischen den beteiligten Ministerien weiter darüber verhandelt.

Gab es weitere Einigung beim Rententreffen?

Ja. Jenseits der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag einigten sich Union und SPD auf Verbesserungen für erwerbsgeminderte Rentner. Die Renten für die 1,8 Millionen Menschen, die wegen Krankheit früher aus dem Job aussteigen müssen, sollen künftig so berechnet werden, als ob sie bis 65 gearbeitet hätten, nicht wie heute bis 62. Die Verbesserungen sollen zwischen 2018 und 2024 erfolgen. Dies bringt den Betroffenen den Angaben zufolge im Schnitt 50 Euro mehr im Monat. 2015 lagen die Bezüge in Westdeutschland im Schnitt bei nur 730 Euro im Monat. Kostenpunkt: langfristig bis zu drei Milliarden Euro im Jahr.

Die Koalition will, wie schon vor dem Treffen im Grundsatz vereinbart, auch die betriebliche Altersvorsorge stärken. Demnach sollen Arbeitgeber einen Zuschuss von bis zu 144 Euro bekommen, wenn sie für Arbeitnehmer mit einem Einkommen bis 2000 Euro bis zu 480 Euro jährlich in die betriebliche Altersvorsorge stecken. Ein Gesetzentwurf soll zügig im Bundestag verabschiedet werden.

Auch bei der privaten Vorsorge soll der staatliche Zuschuss um 11 Euro auf 165 Euro steigen.

Warum hat es mit der Lebensleistungsrente nicht geklappt?

Diese Regelung könnte in der Tat gesetzestechnisch schwierig werden. Denn Geringverdiener ist nicht gleich Geringverdiener. Wie hätte beispielsweise eine Frau, die ihr Leben lang in Teilzeit gearbeitet hat und eine geringe Rente bezieht, aber einen gut berenteten Mann hat, von der in Teilzeit arbeitenden Alleinerziehenden unterschieden werden können?

Was geschieht nun?

Diese Renten für Geringverdiener tauchen nun im Gesamtkonzept von Nahles zur künftigen Rentenpolitik als Solidarrente auf. Beschäftigte sollen demnach ein Alterseinkommen von 10 Prozent über der Grundsicherung bekommen, wenn sie 35 Jahre Beitragszeiten hatten, auch in der Erziehung oder Pflege. Einige Jahre Arbeitslosigkeit werden großzügig mit verrechnet. Laut Nahles kostet das bis zu vier Milliarden Euro pro Jahr.

Und wo soll es längerfristig bei der Rente hingehen?

Nahles stellte am Freitag ihre lang diskutierte Vorstellung von einer doppelten Haltelinie vor. Danach will sie den Menschen in Deutschland bis 2045 ein Rentenniveau von mindestens 46 Prozent garantieren. Der Beitragssatz soll bis dahin nicht über 25 Prozent steigen. Es dürfe aber gerne auch ein Rentenniveau von 48 Prozent und ein Beitragssatz von maximal 24 Prozent sein. Dazu sei aber ein nationaler Aktionsplan notwendig.

Das alles sei nicht zum Nulltarif zu haben, sagt Nahles. Die Umsetzung ihres gesamten Konzeptes würde 2045 mehr als 11 Milliarden Euro im Jahr kosten.

Aktueller Bericht über Verfall des Rentenniveaus

DGB-Rentenkampagne

IG-Metall-Rentenkonzept

Mitteilung zur Rentenerhöhung 2016

Zum Rentenversicherungsbericht 2015

Rentenrücklage

"Süddeutsche Zeitung" über Rentenversicherungsbericht 2016

Finanzentwicklung Rente - Rede Reimann November 2016

Bedeutung Rentenniveau - Rede Gunkel November 2016

Debatte Reform Alterssicherung - Rede Buntenbach November 2016

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