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Analyse Trumps Treueschwur und viele offene Fragen

"Wir werden zu Europa stehen, heute und jeden Tag." Diese Botschaft lässt Donald Trump seinen Stellvertreter in München verkünden. Steht er zu seinem Wort?

Von Michael Fischer, Ansgar Haase und Nico Pointner, dpa 19.02.2017, 15:03

München (dpa) - Es gibt sie also doch noch, die transatlantische Partnerschaft. Amerika und Europa wollen Freunde bleiben - trotz allem. Das ist die Hauptbotschaft der Münchner Sicherheitskonferenz, von US-Vizepräsident Mike Pence überbracht.

Er ist im Auftrag seines Chefs in die bayerische Hauptstadt gekommen, um Sätze wie diesen vorzulesen: "Wir waren uns treu über Generationen. Und so wie Sie uns die Treue halten, werden auch wir ihnen unter Präsident Trump immer treu sein." Es kriselt in dieser Freundschaft, Trump sorgt seit Wochen in der internationalen Politik für Unruhe, Wirbel und Chaos.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sitzt in der ersten Reihe, auch viele andere europäische Regierungschefs und Minister sind da. Das ist genau das, was sie hören wollen. Und dann setzt Pence noch einen drauf: "Das ist Präsident Trumps Versprechen: Wir werden zu Europa stehen, heute und jeden Tag, weil uns dieselben edlen Ideale zusammenschweißen: Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit."

Das sind deutliche Worte - aber eben auch erst einmal nicht mehr als Worte. Trump hat in den vergangenen Wochen Richter beschimpft, Journalisten beleidigt, Verständnis für Folter gezeigt, unschuldigen Menschen die Einreise verwehrt. Mit den Begriffen Freiheit und Rechtsstaatlichkeit passt das aus Sicht der meisten Europäer nicht zusammen. Der US-Präsident hat bei den europäischen Verbündeten in den ersten vier Wochen seiner Amtszeit Verunsicherung, Befürchtungen, sogar Ängste ausgelöst wie keiner seiner Vorgänger.

Pence ist nun ganz offensichtlich mit einem klaren Auftrag angereist: Beschwichtigung. Einen großen Teil seiner Rede hätten so ähnlich auch Ex-Präsident Barack Obama oder Merkel halten können.

Der US-Vize hat aber nicht nur Freundlichkeiten mit nach Europa gebracht, sondern stellt auch Ansprüche - altbekannte Ansprüche. Er fordert die Bündnispartner auf, endlich das Versprechen einzuhalten, bis 2024 zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Allerdings wiederholt er nicht die Drohung von Verteidigungsminister James Mattis vor wenigen Tagen, die USA könnten ihr Engagement in der Nato andernfalls zurückfahren.

Mattis kam direkt vom Nato-Verteidigungsministertreffen nach München. Trumps Heimatschutzminister John Kelly nahm ebenfalls an der Konferenz teil. US-Außenminister Rex Tillerson fehlte zwar, war vorher aber beim G20-Außenministertreffen in Bonn. Und Pence stellt sich am Montag in Brüssel noch bei EU und Nato vor. Insgesamt sechs Tage sind die vier Entsandten Trumps dann in Europa unterwegs, um zumindest einen Eindruck davon zu vermitteln, was von der neuen US-Regierung zu erwarten ist. Europa ist diese Tage ihre Bühne.

Die schlimmste Befürchtung ist nun zwar ausgeräumt: Die USA werden sich auch unter Trump nicht grundsätzlich von Europa abwenden und die Nato in Frage stellen. Antworten auf konkrete Fragen bleiben Trumps Leute aber schuldig. Was wird aus dem Weltklimaabkommen? Was ist mit Strafsteuern auf Importe? Wie sieht die Haltung zur Institution Europäische Union aus? Und wie wird Trump mit Russland umgehen?

Selbst diejenigen, die an Gesprächen mit Pence, Tillerson, Mattis und Kelly direkt beteiligt waren, zeigen sich ratlos. Es sei der Eindruck entstanden, dass die Minister "keinen Millimeter" über das hinausgingen, was mit Trump abgesprochen sei, wurde berichtet. Es scheine selbst im Team noch keinerlei Klarheit über Details des Kurses zu geben. Auf Fragerunden lassen sich Pence und Mattis in München wohl auch deswegen nicht ein. Tillerson hat seit seinem Amtsantritt vor drei Wochen keine einzige Pressekonferenz gegeben.

In den Diskussionen über Syrien, den Nahen Osten oder Russland in München fällt der Name Trump auffällig selten. Auch das hängt damit zusammen, dass man noch gar nicht so genau weiß, was er will. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagt ihm in ihrer Eröffnungsrede trotzdem die Meinung - sie warnt vor "Alleingängen", kritisiert den US-Einreisestopp für einige islamisch geprägte Länder und die von Trump ins Gespräch gebrachte Folter als Verhörmethode gegen Terroristen.

Merkel verzichtet auf direkte Kritik. Die CDU-Chefin will offenbar nicht gleich bei der ersten Begegnung mit einem Vertreter der Trump-Regierung ihr Gegenüber vor den Kopf stoßen.

Und was machte Trump selbst am Wochenende? Auf Twitter, seinem wichtigsten Kommunikationskanal, war nichts über die Rede seines Stellvertreters zu lesen. Der Präsident war am Samstag in Florida, um dort eine aggressive innenpolitische Rede vor seiner Wählerschaft zu halten. Spätestens im Mai muss er dann aber selbst seine Außenpolitik in Europa erklären. Dann wird er beim G7-Gipfel auf Sizilien erwartet.

Münchner Sicherheitskonferenz