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Bisheriger Außenminister Regierungskrise gelöst: Gentiloni wird Renzi-Nachfolger

Italiens Staatspräsident hat einen schnellen Ausweg aus der Regierungskrise gefunden. Eine Woche nach dem Referendum und der Niederlage Renzis ernennt er einen neuen Ministerpräsidenten.

11.12.2016, 20:26

Rom (dpa) - Die Regierungskrise in Italien ist mit der Ernennung eines Nachfolgers von Ministerpräsident Matteo Renzi beigelegt. Staatspräsident Sergio Mattarella beauftragte den bisherigen Außenminister Paolo Gentiloni nach 48-stündigen Sondierungsgesprächen mit der Bildung einer neuen Regierung.

Der 62 Jahre alte Sozialdemokrat muss nun eine Liste von Ministern zusammenstellen und zur Vereidigung zu Mattarella zurückkehren. Dann müssen beide Parlamentskammern Gentiloni in einem Vertrauensvotum bestätigen, was als gesetzt gilt. Das Prozedere dürfte innerhalb weniger Tage abgeschlossen sein. 

"Ich bin mir der Dringlichkeit bewusst, Italien eine Regierung in ihrer vollen Stärke zu geben, um unsere Mitbürger zu beruhigen und um mit der größten Verbindlichkeit, der größten Entschlossenheit den internationalen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu begegnen", sagte Gentiloni nach dem Treffen mit Mattarella im Qurinalspalast in Rom.

Beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag in Brüssel könnte der neue Regierungschef sein Debüt geben. Gentiloni kündigte an, dass sein Kabinett dem bisherigen unter Renzi ähneln werde. In den Krisengesprächen mit Mattarella sei deutlich geworden, dass die oppositionellen Kräfte keine Regierungsverantwortung übernehmen wollten, sagte Gentiloni.

Beobachter gehen davon aus, dass Gentiloni als 28. Ministerpräsident der Republik eine ähnliche Politik, aber einen anderen Stil als sein Vorgänger Renzi pflegen wird.

Der Chef der ausländerfeindlichen Lega Nord, Matteo Salvini, bezeichnete Gentiloni als "Kopie" von Renzi. Luigi Di Maio von der eurokritischen Fünf-Sterne-Bewegung sagte: "Gentiloni ist Renzis Strohmann."

Lange Bestand wird die neue Regierung aller Voraussicht nach nicht haben. Fast alle politischen Parteien fordern Neuwahlen. Dem Urnengang steht derzeit das Wahlrecht im Wege, das nur für das Abgeordnetenhaus gilt und von der neuen Regierung geändert werden müsste. Die regulären Parlamentswahlen wären im Frühjahr 2018.

Bereits im Zuge des Verfassungsreferendums vor einer Woche hatte Europa sorgenvoll auf das Erstarken von Anti-EU-Kräften in Italien geblickt. Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega Nord hatten das klare "Nein" gegen die Verfassungsreform als Sieg gefeiert. Bei Neuwahlen könnten sie weiter Zulauf bekommen.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gratulierte Gentiloni. "Meine Zusammenarbeit mit ihm als Außenminister Italiens war eng, freundschaftlich und vertrauensvoll", hieß es in einer Mitteilung. "Uns beiden war die Freundschaft zwischen Deutschland und Italien immer ein großes Anliegen."

Der bisherige italienische Chefdiplomat, der als enger Vertrauter Renzis gilt, hatte sich am Freitag zum Favoriten für die Nachfolge im Regierungspalast in Rom entwickelt. Zuvor war unter anderem der bisherige parteilose Finanzminister Pier Carlo Padoan im Gespräch. Padoan ist als Ökonom in der Finanz- und Bankenkrise unabdingbar auf seinem Posten, auch deshalb könnte die Wahl schließlich auf Gentiloni gefallen sein.

Statement Gentiloni, Italienisch

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