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Frauenanteil in deutschen Führungsetagen unter EU-Schnitt

Fast die Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland sind weiblich. Doch bei Top-Positionen sind Frauen im EU-Vergleich unterrepräsentiert. Das hat mehrere Gründe.

07.03.2016, 15:25

Wiesbaden (dpa) - Frauen sind beim Aufstieg in Führungspositionen in den letzten Jahren in Deutschland nicht richtig vorangekommen.

Sie waren 2014 im EU-Vergleich mit 29 Prozent unterrepräsentiert, zudem blieb der Anteil gegenüber den beiden Vorjahren nahezu unverändert, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März mitteilte. Im Durchschnitt der 28 EU-Staaten lag der Frauenanteil in Führungsetagen bei 33 Prozent.

Spitzenreiter in der EU war Lettland, dort waren 44 Prozent der Leitungsfunktionen mit Frauen besetzt. Relativ hoch war der Anteil auch in Ungarn (40 Prozent) sowie Polen und Litauen (jeweils 39 Prozent). Schlusslicht war Zypern mit 17 Prozent.

Vor allem in klassischen Männerdomänen gibt es vergleichsweise wenig Frauen in höheren Positionen. Am geringsten war ihr Anteil nach Angaben der Wiesbadener Behörde in der Baubranche mit 13 Prozent, am höchsten im Bereich Erziehung und Unterricht (62 Prozent). Die Quoten entsprechen in etwa den jeweiligen Frauenanteilen in den Branchen. Insgesamt waren 47 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland Frauen.

Als ein Hemmnis für den beruflichen Aufstieg gilt, dass vor allem Frauen aus familiären Gründen in Teilzeit arbeiten. Die IG Metall forderte daher, die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages zum Rückkehrrecht Teilzeitbeschäftigter in Vollzeit konsequent umzusetzen. Nach wie vor bleiben überwiegend Frauen wegen Kindererziehung oder Pflege zu Hause, was im späteren Berufsleben zu Einbußen bei Entgelt und Karriere führt, sagte Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall, in Frankfurt.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende, Elke Hannack, forderte Zielvorgaben für eine Erhöhung des Frauenanteils. Die seit Jahresanfang geltende Quote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen sei nur ein erster Schritt. Jetzt müsse der Frauenanteil in Vorstandsetagen und den Führungsebenen darunter erhöht werden. Die bisher freiwilligen Zielvorgaben werden dafür nicht ausreichen.

Frauen verdienen in Deutschland zudem im Schnitt brutto rund 22 Prozent weniger als Männer. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall erklärte, ziehe man Qualifikation, Berufserfahrung, Branchenzugehörigkeit und familienbedingte Auszeiten ab, schrumpfe der Einkommensunterschied auf rund 2 Prozent. Wichtig seien umfassende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder.

Einen Anspruch auf befristete Teilzeit lehnt die Wirtschaft ab. Ein solcher Rechtsanspruch würde sich negativ auf betriebliche Abläufe und die Planungssicherheit auswirken, teilte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks, der Deutschen Presse-Agentur mit. Stattdessen müssten die Ursachen für Lohnunterschiede angepackt werden. Ganz vorne steht die Berufswahl.

Zu den Führungspositionen nach der verwendeten internationalen Standardklassifikation werden Vorstände und Geschäftsführerinnen sowie Führungskräfte in Handel, Produktion und Dienstleistungen gezählt. Berücksichtigt werden Privatwirtschaft und öffentlicher Dienst.

Nach einer jüngst veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) war im Jahr 2014 nur jede vierte Chefposition auf der obersten Führungsebene eines Privatunternehmens mit einer Frau besetzt.

Verbessert haben sich dem IAB zufolge in den vergangenen zehn Jahren aber die Karrierechancen von Frauen auf der zweiten Führungsebene. Habe der entsprechende Anteil im Jahr 2004 bei 33 Prozent gelegen, seien 2014 bereits 39 Prozent der Stellen im mittleren Management mit einer Frau besetzt gewesen. Dort nähere sich der Chefinnen-Anteil dem Anteil der in Privatunternehmen beschäftigten Frauen (43 Prozent) allmählich an.

Mitteilung

IAB-Studie

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