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Druck von InvestorenUber-Chef Kalanick nach massiver Kritik zurückgetreten

Trotz Vorwürfen einer miesen Unternehmenskultur mit Sexismus und Diskriminierung hielt Uber-Chef Travis Kalanick an seinem Job fest. Jetzt platzte Investoren wohl der Kragen.

21.06.2017, 12:10

San Francisco (dpa) - Uber-Chef Travis Kalanick hat nach einer Serie von Skandalen die Spitzenposition bei dem Fahrdienst-Vermittler aufgegeben.

Der Mitgründer werde aber weiterhin Mitglied im Verwaltungsrat bleiben, teilte das Aufsichtsgremium mit. Der Rücktritt gebe Uber Freiraum, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Zuvor hatte die "New York Times" berichtet, fünf führende Anteilseigner von Uber hätten einen sofortigen Rückzug Kalanicks gefordert.

Kalanick hatte vergangene Woche eine unbefristete Auszeit genommen, nachdem im Zuge einer Untersuchung zu Vorwürfen von Sexismus und Diskriminierung bei Uber massive Veränderungen beschlossen wurden, die seine Vollmachten beschneiden sollten. Er trauert derzeit um seine bei einem Bootsunfall ums Leben gekommene Mutter.

Uber und Kalanick waren in den vergangenen Wochen immer stärker unter Druck geraten. Das wegen seiner aggressiven Firmenkultur und Wachstumsstrategie berüchtigte Unternehmen musste eine tiefgreifende Untersuchung einleiten, nachdem eine ehemalige Software-Entwicklerin von Sexismus und sexueller Belästigung berichtete, die trotz Beschwerden folgenlos geblieben seien. In einem ersten Schritt waren rund 20 Mitarbeiter entlassen und Dutzende weitere in Schulungen geschickt worden. Jetzt sollen neue Strukturen und Kontrollmechanismen geschaffen werden, um solche Fälle zu verhindern.

Unter anderem sollen nach Empfehlungen einer Untersuchungskommission unter Führung des ehemaligen US-Justizministers Eric Holder Beschwerden von Mitarbeitern über das Arbeitsklima besser dokumentiert und mehr Frauen in der Auswahl für Führungspositionen berücksichtigt werden. Zudem wird der Konsum von Alkohol bei Firmenpartys eingeschränkt. Die 13 Seiten langen Empfehlungen offenbarten auch das Ausmaß der Mängel in Ubers Unternehmensführung.

"Ich liebe Uber mehr als alles andere auf der Welt und in diesem schwierigen Moment in meinem persönlichen Leben habe ich die Forderung der Investoren akzeptiert, beiseite zu treten, damit Uber wieder zum Aufbauen zurückkehren kann, statt durch einen weiteren Kampf abgelenkt zu werden", zitierte die "New York Times" Kalanick. Der Verwaltungsrat bezeichnete den Rückzug als Zeichen für Kalanicks Hingabe für Uber.

Die Rücktrittsforderung an Kalanick kam der "New York Times" zufolge von den Investmentfirmen Benchmark, First Round Capital, Lowercase Capital, Menlo Ventures und Fidelity Investments. Uber nahm Milliarden bei Investoren ein und war bei diesen Geldspritzen laut Medienberichten mit bis zu 69 Milliarden Dollar bewertet worden - ein Rekord für ein Start-up.

Der langjährige Firmenchef, der die umstrittene Unternehmenskultur und die aggressive internationale Expansion geprägt hat, hatte bislang betont, dass er die Führungsrolle behalten und als besserer Manager und Mensch aus der Auszeit zurückkehren wolle.

Im Zuge von Holders Untersuchung kam auch heraus, dass Uber nicht nur Regeln brach, sondern sich dann auch Behörden-Kontrolleure vom Hals hielt, indem in ihre App falsche Daten eingespielt wurden. US-Staatsanwälte ermitteln deswegen. Zudem es tauchten unschöne Details auf wie ein Besuch von Top-Managern in einer südkoreanischen "Karaoke-Bar", in der man auch Frauen mit Nummern auf dem Kleid zu sich an den Tisch einladen konnte. Der Abend kam heraus, weil Kalanicks enger Vertrauter Emil Michael dessen damals anwesende Ex-Freundin anrief und dazu ermunterte, den Teil mit den nummerierten Frauen auszulassen und zu sagen, es sei nur ein netter Karaoke-Abend gewesen.

Schon in den vergangenen Jahren gab es viele Alarmsignale, die auf einen mangelnden Respekt für Datenschutz und Moral bei Uber hindeuteten. So begrüßte der New Yorker Uber-Manager Josh Mohrer 2014 eine Journalistin, die zum Interview kam, fröhlich mit den Worten, dass er ihren Weg über das interne System verfolgt habe. Die Erkenntnis, dass Uber-Mitarbeiter ganz offensichtlich nach Belieben die Fortbewegung einzelner Nutzer beobachten konnten, sorgte kurzfristig für Aufregung. Uber verschärfte die Datenschutzregeln, gelobte Besserung, der Manager behielt seinen Job, bis er jüngst zu einer Investmentfirma weiterzog.

Wenig später verstrickte sich Emil Michael in einer vermeintlich privaten Unterhaltung in Gedankenspiele darüber, wie man heimlich das Privatleben einer kritischen Journalistin ausforschen könnte. In den Medien gab es einen Aufschrei, Kalanick ging auf Distanz, Michael entschuldigte sich. Auch er behielt seinen Job - bis er Anfang dieser Woche dem Vernehmen nach unter Druck des Verwaltungsrats ging. Der nächste Fehltritt folgte: Uber wertete seine Datenbasis aus, um die Nutzung des Fahrdienstes nach One-Night-Stands in verschiedenen US-Städten zu beziffern.

Bericht der "New York Times"