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Wirtschaftsforum Putin hält Hof in St. Petersburg

Mit Gabriel und Seehofer kamen gleich zwei deutsche Spitzenpolitker zu einem wichtigen Treffen nach Russland.

02.06.2017, 23:01

St. Petersburg (dpa) l Eigentlich hätten Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Freitag gemeinsam in den Flieger nach St. Petersburg steigen können. Am Donnerstag saßen die beiden Koalitionspartner bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin noch zusammen an einem Tisch. Und auch in Petersburg nehmen sie an derselben Veranstaltung teil, dem Internationalen Wirtschaftsforum von Präsident Wladimir Putin. In Wahlkampfzeiten reist man aber besser alleine: Seehofer zuerst mit einem kleinen Charterflieger, Gabriel ein paar Stunden später mit einer deutlich größeren Regierungsmaschine.

Eigentlich wären die Reisen der beiden Politiker eher unter Routine zu verbuchen gewesen. Putin treffen, Gesprächsfaden aufrecht erhalten, über die festgefahrene Ukraine-Krise oder Syrien beraten. Der Ausstieg von US-Präsident Donald Trump aus dem Klimaabkommen hat dem Doppelbesuch aber eine neue Dimension verliehen. Seit langer Zeit stehen Deutschland und Russland mal wieder bei einem Thema zusammen auf einer Seite gegen die USA.

Der Klima-Streit dürfte Russland und die Europäer also kaum zusammenschweißen. Auch Gabriel glaubt nicht, dass die Differenzen mit den USA Einfluss auf die Beziehungen zwischen Europa und Russland haben. Zwar sei ein besseres Verhältnis zu Russland notwendig, sagt er. „Das hat aber nichts mit der Frage zu tun, wie sich die Entwicklung in den USA vollzieht.“

Das Wirtschaftsforum in Putins Heimatstadt ist die auf Hochglanz polierte Bühne für seine Sicht auf die Welt. Im Prunk der ehemaligen Zarenmetropole geht es längst nicht bloß um Milliardendeals, sondern für Putin auch um Gespräche mit Staaten- und Wirtschaftslenkern, darunter der indische Regierungschef Narenda Modi. So ist es nicht verwunderlich, dass Putin sich auch trotz der kurzfristig angesetzten Besuche noch Zeit nimmt für Gabriel und Seehofer.

Der CSU-Chef ist ein Befürworter einer pragmatischen Außenpolitik. Sein schlichtes Credo: Reden hilft, Konflikte zu lösen. Mit Putin verstehe er sich blendend, sagt Seehofer. „Wir brauchen nicht lange, um uns zu verstehen.“ Er war einer der Ersten, der sich für ein möglichst rasches Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Moskau aussprach, unter denen auch Bayerns Wirtschaft leidet.

Gut gelaunt steht Seehofer nun Pate, als das Industriegase- und Anlagenbau-Unternehmen Linde einen Milliarden-Vertrag unterzeichnet – um auch auf wirtschaftlicher Ebene die Gesprächskanäle offen zu halten. Seehofer sagt, ohne Zweifel würden gute Beziehungen zu Russland wichtiger – auch wegen Trump. Aber: „Die Freundschaft mit den Amerikanern bleibt“.