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Fußball FCM-Verteidiger Erdmann ist gern unbequem

Dennis Erdmann hat einst für Dynamo Dresden gespielt - es war keine einfache Zeit. Wegen eines speziellen Ereignisses.

Von Manuel Holscher 15.03.2019, 00:01

Magdeburg l Dennis Erdmann mag es rustikal. Entsprechend fasziniert war der Innenverteidiger des 1. FC Magdeburg beim ersten Spaziergang durch den Wissenschaftshafen an der Elbe - mitten durch zerfallene Speicher, vorbei an alten Kränen. Für Ursprünglichkeit begeistert er sich. "Das hat Charme. Es ist zwar teilweise etwas heruntergekommen, dafür aber echt", sagt er.
Genau das will Erdmann sein: echt - auf und neben dem Rasen. "Ich bin so erzogen worden, dass ich immer meine Meinung sage und dann auch konsequent vertrete. Dass das manchen Leuten vielleicht nicht passt, ist mir egal", betont er.
Erdmann polarisiert, er ist unbequem. Trotz des Rampenlichts, das der Fußball mit sich bringt, bleibt er bei sich. Auch dann, wenn es unangenehn wird. Wie am 3. März 2015, als er mit Dynamo Dresden im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund spielte. Erdmann foulte Marco Reus abseits des Spielgeschehens, der Dortmunder musste mit einer Oberschenkelprellung ausgewechselt werden. Erdmann wählte nach dem Spiel drastische Worte: "Ich habe früher Kreisliga gespielt, da hat man kurz geguckt, kurz gerieben und weitergespielt."
Von BVB-Verantwortlichen wurde er daraufhin beschimpft, bundesweite Schlagzeilen und sogar eine ermittelnde Staatsanwaltschaft waren die Folge. "Wegen dieses Vorfalls musste ich Dynamo im Sommer 2015 verlassen", erzählt Erdmann. Aber: "Ich habe nach dem Spiel nur das gesagt, was ich ehrlich gedacht und empfunden hatte. Ich glaube nicht, dass ich damals gut eingeschlafen wäre, wenn ich gesagt hätte: ,Mir tut das Foul an Marco Reus so sehr leid.'" Er sagt allerdings auch: "Fest steht, ich wollte und will niemals meinen Gegenspieler verletzen."
Erdmann ist manchmal genervt, für ihn ist heutzutage vieles zu glatt und genormt. "Es ist doch leider im Fußball und im Leben allgemein so, dass jeder, der seine ehrliche Meinung sagt, als böse dargestellt wird", ärgert er sich. "Viele Leute schwimmen lieber mit dem Strom, weil es einfacher ist. Wenn ich aber mit dem Strom mitschwimmen würde, hätte ich zu wenig Platz, wäre eingeengt. Wenn ich gegen den Strom schwimme, komme ich dagegen schneller an die Quelle und bin viel befreiter. Einige Leute müssen lernen, grade zu denken und zu handeln."
Seit dem Reus-Foul hängt das Bad-Boy-Image an Erdmann wie ein Kaugummi am Schuh. Seine auffälligen Tattoos befeuern diesen Eindruck. "Das sind alles Schubladen. Viele Leute denken doch eigentlich ähnlich, wenn ich nach dem Spiel etwas deutlich anspreche. Sie trauen sich nur nicht, die unbequeme Wahrheit auszusprechen." Erdmann hingegen kann gar nicht anders. "Meine Geschwister und meine Eltern sind genauso. Das sind dann spannende Familientreffen", sagt er und lacht.
In Tagen, in denen es beim 1. FC Magdeburg um die sportliche Existenz geht, ist Ehrlichkeit wertvoll. Erdmann spricht die Defizite des Teams auch öffentlich an, redet über mangende Einstellung gegen Sandhausen, nimmt sich aber selbst nicht aus der Kritik heraus.
So martialisch er das Ostderby am Sonnabend bei Ex-Verein Dynamo Dresden als Gladiatorenkampf tituliert - Erdmann überzeugt auch durch Leistung, will Führungsspieler sein. Der Innenverteidiger steht wie ein Baum in der Abwehr, gewinnt im Schnitt 57 Prozent seiner Zweikämpfe, stand in diesem Jahr immer über 90 Minuten auf dem Platz. "Am Sonnabend werden fast alle Zuschauer gegen uns sein. Wir müssen alles daransetzen, damit sie beim Abpfiff unzufrieden sind. Dann haben wir ein gutes Spiel gemacht", sagt Dennis Erdmann.
Am Saisonende läuft sein Vertrag aus, wie es weitergeht ist noch offen. "Ich habe bei Dynamo Dresden, Hansa Rostock und dem 1. FC Magdeburg gespielt. Das sind die drei größten Traditionsvereine im Osten. Ich bin immer meinen Weg gegangen, habe deshalb vor den Fans Respekt erlangt. Darauf bin ich stolz", betont Erdmann, der seinen Hauptwohnsitz noch immer in Dresden hat.
Einen Traum hat er aber noch, der bisher unerfüllt blieb. "Irgendwann möchte ich gerne in England spielen. Dort wird der Fußball gespielt, den ich liebe. Und es wird nicht jede Grätsche gleich abgepfiffen."
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