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Fussball Tag eins beim FCM für Trainer Oenning

Wie Trainer Michael Oenning den 1. FC Magdeburg zum Klassenerhalt in der 2. Bundesliga führen will.

Von Manuel Holscher 15.11.2018, 00:01

Magdeburg l Mit Jugendsünden ist es immer gleich. Irgendwann holt irgendjemand sie hervor. Das ist bei Michael Oenning nicht anders. Anfang der 90er Jahre nahm er als Kandidat an der ARD-Flirtshow „Herzblatt“ teil, die unter anderem von Rudi Carrell und Rainhard Fendrich moderiert wurde. Damals nannte er sich noch Mad, weil er den Film „Mad Max“ mochte. Und er eroberte sogar das Herz einer Kandidatin.

Im Laufe der Jahre, Oenning stand als Trainer des Hamburger SV und des 1. FC Nürnberg immer mehr in der Öffentlichkeit, wurde er häufiger auf die Sendung angesprochen. Eine Jugendsünde, die im Rückblick vielleicht etwas peinlich ist, über die Oenning aber auch schmunzeln kann.

Michael Oenning ist ein authentischer Typ, das wurde gestern schon bei seiner Vorstellung im Rahmen der Pressekonferenz des 1. FC Magdeburg deutlich. Mit einem Lächeln reagierte er auf die Aussagen von FCM-Sportchef Maik Franz über Oennings Erfolge. „Es ist immer schön, wenn man hört, was man so geleistet hat“, sagte er.

In diesem Satz spiegelte sich aber weniger die Arroganz eines José Mourinho wider – der Trainer von Manchester United ist für provokante Aussagen bekannt. Vielmehr lächelte Oenning in sich hinein und auch mal über sich selbst.

Er ist kein biederer, ernster Typ, sondern auch mal für einen Spruch zu haben. Das wiederum bedeutet nicht, dass er sich nicht ernsthaft auf seine neue Aufgabe vorbereitet hätte. Oenning achtet beispielsweise ganz penibel darauf, Magdeburg ohne das von den Bewohnern so verabscheute lange „aaaaaaa“ zu sagen. Allerdings kann er seine Herkunft dann aber doch nicht ganz verbergen. „Magdeburch“ sagt Oenning, so wie es im Münsterland üblich ist, dort wuchs er auf. Zur Sicherheit hatten ihn aber auch Maik Franz und Geschäftsführer Mario Kallnik vor der Pressekonferenz noch mal vor dem langen „a“ in Magdeburg gewarnt.

Authentisch ist Oenning auch, weil man ihm das Gesagte wirklich abnimmt. Das liegt daran, dass er seine Sätze nicht geschliffen wie nach einer Medienschulung herunterspult. Er antwortet ausführlich und geht auf den Gesprächspartner ein.

Nachdem es für ihn als Trainer des 1. FC Nürnberg mit dem Bundesliga-Aufstieg im Gepäck steil bergauf gegangen war, hatte er – wie viele Trainer vor und nach ihm – beim Hamburger SV keine gute Zeit. Danach verschwand Oenning aus der Öffentlichkeit. Was hat er von 2011 bis 2016, bevor er nach Ungarn ging, gemacht? „Nichts“, antwortete Oenning entwaffnend ehrlich. Denn: „Ich habe mir immer die Freiheit genommen, etwas zu machen, was ich wirklich machen will.“ Deshalb verließ er zwischenzeitlich die Seitenlinie, arbeitete viele Jahre als Kommentator-Assistent für Marcel Reif und Kai Dittmann bei einem privaten Fernsehsender. Ganz bewusst entschied er sich dann auch für ein Engagement im Ausland, in Ungarn. „Das war eine ganz wichtige Erfahrung, in einem neuen Land mit einer fremden Sprache.“

Wie Vasas Budapest ist auch der 1. FC Magdeburg ein Arbeiterverein. Die Magdeburger DNA, Kampf und Leidenschaft, will Oenning auch gar nicht verändern. „Das ist die Grundlage, sonst wird man nicht erfolgreich Fußball spielen können. Man muss aber auch Fußball spielen“, betont er. Im ersten Training wurde gestern deutlich, was der 53-Jährige meint. Fast über die gesamte Dauer, immerhin rund zwei Stunden, wurden Passformen trainiert. Alle Spieler waren permanent in Bewegung. Kurzpässe, auf engem Raum, im direkten Duell, ohne viel Druck auszuüben. Spiel mit dem Ball wird das genannt – und genau da hakte es beim FCM zuletzt. Die durchschnittliche Passquote von bisher nur rund 60 Prozent muss verbessert werden.

Oenning weiß das und nutzt die Zeit, um sofort und intensiv an Schwächen zu arbeiten. Am FCM schätzt er Werte, die er nach eigener Aussage auch lebt. „Das Ehrliche und Normale, das den Fußball so ausmacht, finde ich hier wieder.“ Deshalb findet er sich auch im Club wieder.

Oenning, der einen Vertrag bis zum 30. Juni 2019 unterschrieb, ist aber auch klar, dass der FCM nach nur neun Punkten aus 13 Spielen vor allem eines braucht: Erfolgserlebnisse. Dabei ist dem Coach die Besonderheit der ersten Zweitliga-Saison der Vereinsgeschichte bewusst. „Dass wir 2. Liga spielen dürfen als 1. FC Magdeburg, das sind eigentlich Feiertage. Die kommen nicht von selbst, die hat man sich erarbeitet“, betont er. Aber: „Diese Feiertage muss man auch leben. Wir dürfen nicht daran denken, was schiefgehen könnte. Natürlich müssen wir gewinnen und wir werden auch gewinnen. Wir müssen alle wieder nach vorne denken.“

Der 53-Jährige war früher Stürmer. „Auch wenn man mir das heute vielleicht nicht mehr ansieht“, sagt er in einem selbstironischen Ton. Doch viel wichtiger: Oenning will damit aber sagen, dass er Offensivfußball mag und diesen auch von seiner Mannschaft sehen will. „Ich habe eine klare Philosophie. Ich will Spieler besser machen.“

Er achtet aber auch ganz genau darauf, dass Vorgänger Jens Härtel nicht schlecht dasteht. Im Gegenteil: Oenning hebt die Verdienste von Härtel und Co-Trainer Ronny Thielemann hervor. „Sie haben Großartiges geleistet. Das gilt es zu würdigen. Ich habe das in meiner Trainerlaufbahn auch schon gehabt, weiß, wie schwierig es ist, wenn etwas zu Ende geht und etwas Neues entstehen muss“, sagt er. Denn: „Es ist leider so, dass wir immer etwas übernehmen, was ein anderer hinterlässt oder abschließt.“

Die Zukunft heißt beim FCM jetzt aber Oenning. Der Klassenerhalt ist das Ziel. Sportchef Franz erzählt, dass er sich mit dem neuen Trainer bereits vor eineinhalb Jahren mal ausgetauscht hatte. „Wichtig ist, dass wir den Spieler- und Trainermarkt kennen“, sagt er. Denn: „Es kann ja immer mal sein, dass uns mal ein Trainer verlässt oder krank wird, was wir natürlich nicht hoffen.“

Der FCM habe ein klares Trainerprofil, zu dem Oenning passt. „Er hat zuletzt in Ungarn gute Arbeit geleistet, junge Spieler weiterentwickelt. Wir glauben, dass er für uns genau der richtige Mann in dieser Situation ist“, sagt Franz, der Oenning noch aus gemeinsamen Wolfsburger Zeiten kennt. Und: „Er kommuniziert sehr viel und ist bodenständig.“

Oenning stellt sich der Herausforderung: „Wir können als Team hervorragend funktionieren, vorausgesetzt, dass wir alle in eine Richtung gehen. Es wird jetzt meine Aufgabe sein, alle auf unsere Ziele einzuschwören.“

Weitere Informationen zum 1. FC Magdeburg finden Sie in unserem Liveblog.

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