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Bohrschlammdeponie Gesundheitsrisiko befürchtet

In das Thema Brüchauer Bohrschlammdeponie kommt nach der jüngsten Sitzung des Kakerbecker Ortschaftsrates wieder Bewegung.

Von Conny Kaiser 12.08.2015, 23:01

Kakerbeck/Brüchau l „Es geht hier um unser aller Gesundheit“, sagt die Brüchauerin Dagmar Schumacher am Dienstagabend. Gerade hat Kakerbecks Ortsbürgermeister Ulf Kamith im Zuge der Ortschaftsratssitzung mitgeteilt, wie nach seiner Kenntnis die Bohrschlammdeponie in Brüchau, auch Silbersee genannt, ab 2017 geschlossen werden soll. Doch es gibt viele offene Fragen. Und nicht nur die Anwohner verlangen Antworten.

Auch die BI gegen ein CO2-Endlager Altmark, die mittlerweile ein eingetragener Verein ist, hat sich eingeschaltet. Denn im Zusammenhang mit der geplanten Deponieschließung hat die Volksstimme im Juli darüber berichtet, dass es seit langem in der Bevölkerung den Verdacht gibt, die Bohrschlammdeponie könnte mit dem erhöhten Aufkommen einer bestimmten und ansonsten vergleichsweise seltenen Tumorerkrankung zusammenhängen. Mit konkreten Zahlen ist dies allerdings nicht belegt. Noch nicht.

Denn an den Ortschaftrat ist nun die Bitte herangetragen worden, beim Gesundheitsamt eine entsprechende Anfrage zu stellen. Die Behörde wiederum könnte das länder-übergreifende Krebsregister hinzuziehen. Ob das allerdings wirklich etwas bringt, wagt BI-Mitglied Christfried Lenz nach gestriger Rücksprache mit einem Mediziner zu bezweifeln. Vielmehr sollten Inhaltsstoffe der Deponie vorgelegt und auf ihre krebserregende Wirkung hin überprüft werden. Nichts zu hinterfragen und einfach alles hinzunehmen, was diesbezüglich von der Betreiberfirma komme, sei nun einmal ein denkbar schlechter Weg, meint Lenz, der in dem Zusammenhang einen Fall aus Niedersachsen aufführt, wo es alarmierende Blutkrebshäufungen in einem Gasfördergebiet gibt.

Von der Betreiberfirma der Brüchauer Bohrschlammdeponie, der GDF Suez E&P Deutschland, wird, wie eine bereits im Juli erfolgte Volksstimme-Anfrage ergeben hat, allerdings ausgeschlossen, dass von der Anlage irgendeine Gesundheitsgefahr ausgehe. Die Firma, die das Thema nach Ansicht von Christfried Lenz „aber offenbar selbst erkannt hat“, beruft sich dabei auf aktuelle Kontrolluntersuchungen sowie auf mehrere Gutachten, die seit den 1990er Jahren angefertigt worden sind. Deren Inhalt kennt in Kakerbeck und Brüchau offiziell allerdings niemand. „Das Thema ist zwar nicht neu“, sagt Ulf Kamith. „Und es wird schon so lange versucht, hier etwas Konkretes zu erfahren. Bislang allerdings vergebens.“

Und was war vor 1990? Eine Frage, die auch Jürgen Bammel aus Brüchau umtreibt. „Wir alle wissen, wie der Silbersee damals immer geflimmert hat wegen der Quecksilberdämpfe.“ „Und da liegen ja auch Fässer drin. Die dürften mittlerweile rosten“, schiebt Dagmar Schumacher nach. „Leider gibt es offenbar keine Protokolle mehr darüber, was dort alles eingelagert ist“, sagt Bammel, der auch daran erinnert, dass das was heute noch als See zu erkennen sei, ja nur einen Bruchteil der Deponie ausmache. Vieles sei längst zugeschüttet.

Bekannt ist, dass die Bohrschlämme, die bis vor zwei Jahren kontinuierlich eingelagert worden sind, Quecksilber, Schwermetalle, giftige organische Substanzen und Salze in hoher Konzentration enthalten. Angeblich sei die Deponie aber dank einer starken Ton- und Mergelschicht nach unten hin dicht, berichtet Ortsbürgermeister Ulf Kamith. Er hat diese Information in Magdeburg erhalten, wo er und Bauamtsmitarbeiterin Kerstin Schulz vor einigen Wochen an einer Zusammenkunft mit Vertretern der GDF Suez E&P Deutschland sowie des Landesamtes für Geologie und Bergwesen teilgenommen haben.

Dort sei ihnen auch mitgeteilt worden, dass die in der Deponie gelagerten Bohrschlämme im Zuge der Schließung mithilfe eines Spezialverfahrens verfestigt werden sollen. Weiterhin solle das Oberflächenwasser dann abgesaugt und mit einer Erdschicht abgedeckt werden. Mit einer Betonwanne lasse sich die Deponie nach unten hin wohl nicht abdichten, so Kamith, weil dann die Ton- und Mergelschicht Schaden nehmen könnte.

„Aber wer sagt denn, dass sie nicht schon längst durchlässig ist?“, hakt Jürgen Bammel nach. Ältere Brüchauer würden zu berichten wissen, dass dort, wo zu DDR-Zeiten die Bohrschlammdeponie geschaffen worden sei, früher immer wieder Grundwasser nach oben getreten sei. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Deponie wirklich dicht ist“, sagt Bammel.

Vorstellen kann er sich aber, eine neue Bürgerinitiative zu gründen, um so mehr Druck auf Betreiberfirma und Behörden ausüben zu können. Unterstützung gäbe es jedenfalls von Christfried Lenz und seinen BI-Mitstreitern, die auch die Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking eingeschaltet haben (siehe Info-Kasten).

Lenz hat am Dienstag zudem persönlich an der Ortschaftsratssitzung teilgenommen und die Anwesenden ermutigt, sich nicht mit dem zufrieden zu geben, was bislang offiziell in Sachen Deponie nach draußen gedrungen ist. Da gebe es noch viel mehr in Erfahrung zu bringen.