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Flüchtlinge Rundgang durch die Kaserne

Ein Bild von der Situation in der Klietzer Erstaufnahmestelle haben sich jetzt SPD-Politiker gemacht.

Von Anke Schleusner-Reinfeldt 03.11.2015, 11:44

Klietz l Im einstigen Kinosaal, wo zuletzt Soldaten und Zivilbeschäftigte speisten und wo früher Kino geguckt und die Laiengruppe Theater für Kinder spielte, werden seit sieben Wochen Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und anderen Kriegs- und Krisengebieten der Welt empfangen. „Meist treffen die Busse mit 50 Personen nachts ein“, erzählt der Leiter der Erstaufnahmestelle, Matthias Stempor, der Besuchergruppe. Zu ihr gehören die Landtagsabgeordneten Nadine Hampel und Ralf Bergmann, die Bundestagsabgeordnete Marina Kermer, der Kreisvorsitzender Oliver Fleßner sowie die Bürgermeister Bernd Witt und Hermann Paschke.

Viel Zeit, sich die hinter Gipskartonwänden eingerichteten Büros anzusehen, bleibt nicht. Denn vor dem Kasernentor steht eine vierköpfige Familie, die von München kommend um Aufnahme bittet. Wie sie angereist ist, hat keiner gesehen. „Dass so unangemeldet Asylsuchende erscheinen, kommt nicht so oft vor“, sagt Matthias Stempor nach sieben Wochen Erfahrung. Die Gruppe will nicht stören. Sie hört noch rasch, wie das Aufnahmeprozedere abläuft und die Flüchtlinge mit Hygienebeutel und Bettwäsche ausgestattet auf ihre Zimmer gebracht werden. Die sind sorgfältig ausgewählt, wird doch auf Familienstand und Nationalität geachtet, damit möglichst keine Konflikte geschürt werden. Dass sich diese nicht verhindern lassen, belegt eine Massenschlägerei wenige Tage zuvor.

Die Gruppe setzt den Rundgang durch die Aufnahmestelle fort. Stopp vor dem Gebäude, wo sich das DRK und das Gesundheitsamt eingerichtet haben. Die ärztliche Untersuchung erfolgt hier, zum Röntgen allerdings muss ins Krankenhaus gefahren werden. Warum es denn vor Ort kein Gerät gibt, will Marina Kermer wissen. Schließlich hat ein namhaftes deutsches Unternehmen entsprechende Geräte der Bundesregierung kostenlos angeboten. Lutz-Georg Berkling, beim Innenministerium für Asylangelegenheiten verantwortlich, will sich darum kümmern.

Weiter geht es Richtung Versorgungszelt. Kinder auf Inliner kommen vorbeigerollt. Mit rund 700 Personen ist das Gelände voll belegt. Sobald Betten durch Weitervermittlung in dauerhafte Unterkünfte an die Landkreise frei werden, kommen die nächsten Asylbewerber. Am Bolzplatz berichtet Matthias Stempor, dass der alte Armeesportplatz außerhalb der Kaserne verstärkt genutzt werden soll. Denn die Bälle fliegen häufig über die Mauern auf die Grundstücke der Seesiedlungsbewohner.

Außerdem ist diese Fläche vorgesehen für das sogenannte Tornado-Zelt, das dieser Tage geliefert und aufgestellt werden soll. Es ist wetterfester als das derzeit genutzte Zelt. Allerdings ist es auch hier derzeit noch dank pausenlos laufendem Heißluftgebläse kuschelig warm, stellen die Besucher beim Betreten fest. Rund 50 Flüchtlinge halten sich hier gerade auf. Kinder laufen umher, reichen den Politikern die Hand. Erwachsene spielen Schach oder stehen vor den Plakaten mit deutschen Wörtern und Sätzen. Die lernen sie vormittags im Unterricht mit Ehrenamtlichen. Die Gäste gesellen sich dazu, sprechen ein paar Brocken Englisch mit den Flüchtlingen, die gleich mal die ersten gelernten Vokabeln einsetzen können.

Bevor sie gehen, lassen die Politiker noch Heftchen mit Auszügen des Grundgesetzes in deutsch-arabischer Übersetzung da. Und Marina Kermer übergibt Spielzeug, das sie für die Kinder mitgebracht hat.

Ralf Bergmann zieht Bilanz: „Im Großen und Ganzen hat alles recht positiv gewirkt. Von den Eindrücken der Massenschlägerei wenige Tage zuvor war nichts mehr zu spüren. Im Versorgungszelt hatte man das Gefühl, dass alles sehr friedlich abläuft. Durch die Unterbringung in den einzelnen Häusern ist das auch keine Massenabfertigung und die Organisation scheint sehr gut zu laufen.“ Es war Ralf Bergmanns erster Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft, „so schnell wird auch kein weiterer folgen, denn die Politiker müssen ja nicht ständig vor Ort sein und gucken. Es war gut, die Unterkunft einmal mit eigenen Augen gesehen zu haben und die Informationen nicht immer nur aus zweiter und dritter Hand zu bekommen – das reicht dann aber auch, wichtig ist, dass alles weiter so gut läuft.“