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Volkstrauertag Becker: „In uns allen sitzt der Schock“

Der Toten von Kriegen, der Opfer von Gewalt und der Betroffenen der unfassbaren Ereignisse in Paris wurde gestern in Gardelegen gedacht.

Von Gesine Biermann 15.11.2015, 20:00

Gardelegen l Seine Rede war wohl vorbereitet – angesichts dessen, was am Freitag in Paris geschah, begann sie am Sonntag in der Gardeleger Friedhofskapelle jedoch mit völlig anderen Worten als geplant: „Während wir heute der Toten von Krieg und Gewalt gedenken, sitzt in uns allen noch der Schock über die bis dahin unvorstellbare Eskalation des Terrorismus in der französischen Hauptstadt.“ Aus diesem Grunde, so Hans-Joachim Becker, Vorsitzender des Kreisverbandes der Deutschen Kriegsgräberfürsorge, „gehört unser heutiges Gedenken vor allem diesen Opfern“.

In seiner Rede erinnerte Becker allerdings auch noch einmal an die jüngste Gedenkveranstaltung zur Umbettung von über 200 Toten, Soldaten und Kriegsgefangenen aus zwei Weltkriegen, die vor wenigen Tagen stattfand. „Ihre Leidensgeschichte, selbst nach 100 Jahren, hat uns angerührt und betroffen gemacht.“

Ohnehin sei „die Aufarbeitung von Einzelschicksalen der richtige Weg, wenn man das Leid von Krieg und Gewalt begreifen will“, versicherte Becker. Ebenso sei es auch mit den ganz großen, nüchternen und anonymen Zahlen: Um sich die unfassbare Summe von 55 Millionen Kriegsopfern im Zweiten Weltkrieg begreiflich zu machen, sollte man sie auf kürzere Zeitabschnitte herunterbrechen: „In jeder Stunde des Krieges verloren 1045 Menschen ihr Leben, 17 pro Minute, einer in drei Sekunden.“

Becker erinnerte in seiner Rede zudem bewusst an alle Kriegstoten auf jeder Seite von Schlachtfeldern, auch der deutschen Soldaten. „In unserem Gedenken ist aber kein Platz für Glorifizierung und Heldenverehrung“, wie sie Rechtsgesinnte am Volkstrauertag praktizieren würden, machte er deutlich. Genau so verurteilte Becker aber auch das Totschweigen des Leides der gefallenen deutschen Kriegssoldaten während der Zeit des DDR-Regimes: „Als Kind eines solchen gefallenen Soldaten hat einen das manchmal schmerzlich berührt.“

Für die Ausgestaltung der Gedenkstunde sorgten mit Annika Leue und Elisabeth Schönegge zwei Gardeleger Gymnasiastinnen sowie Detlef Stimbra und Klement Behrend von der Marinekameradschaft. Das Gebet sprach Pfarrer Martin Goetzki, bevor im Anschluss Kränze am Gedenkstein und am neugeschaffenen Gräberfeld niedergelegt wurden.