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Tischlerei Traditionsbetrieb nun in jungen Händen

Seit fast 60 Jahren gibt es die Havelberger Firma „Holz und Glas“ in der Wilsnacker Straße 6 A.

Von Wolfgang Masur 28.02.2016, 23:01

Havelberg l Ab 1. März ist der Schönhauser Ronny Ladwig der neue Geschäftsführer von der „Tischlerei Holz und Glas".

Am 18. Dezember 1959 war die Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) Holz und Glas gegründet worden – besiegelt auf einer großen Versammlung im Gasthaus Schmokenberg. Glasermeister Alfred Lippstreu war der erste Vorsitzende der PGH. Außerdem gehörten diese Tischlereien dazu: von den Brüdern Walter und Willi Stamer in der Langestraße 16, von Fritz Bartels Vor dem Steintor 20, von Johannes Bartels An der Freiheit 1 und von Walter Schenk aus Sandau. Zunächst arbeiteten die Tischlereien in ihren heimischen Werkstätten weiter, bevor sie 1970 in die neu gebaute Produktionsstätte in die Wilsnacker Straße 6A zogen.

Zur PGH zählten zu dieser Zeit 52 Mitglieder. Eine Lehrlingsabteilung, in der über viele Jahre Willi Flade als Ausbilder tätig war, und eine Glaserei gehörten mit zum Betrieb. „Die Glaserei hatte sehr viele Aufträge und die Möbeltischlerei lief ebenfalls immer sehr gut“, erzählte zu Lebzeiten Wolfgang Bartels, der Sohn von Johannes Bartels. Johannes Bartels leitete einige Jahre das Bestattungswesen, das zur PGH gehörte, und gab es dann an seinen Sohn Wolfgang ab.

Zu DDR-Zeiten hatte die PGH reichlich Arbeit und konnte daher auch viele Mitarbeiter beschäftigen. Mit der Wende gab es Umfirmierungen und der Havelberger Klaus Rietzschel führte ab 2007 bis zum heutigen Tag die einstige PGH Holz und Glas. „Ich habe 1965 eine Tischlerlehre bei Wolfgang Bartels absolviert und bin in der PGH geblieben“, blickt der heute 65-Jährige zurück. 1977 erwarb er seinen Meistertitel und arbeitete weiter in der Firma. Mit der Wende wurden es dann weniger Beschäftigte. 1990 zog Klaus Rietzschel mit einem Kollegen für einige Wochen nach Papenburg, um sich mit dem Bau von Kunststofffenstern vertraut zu machen. „Wir haben neue Maschinen angeschafft und ein Jahr später mit der Produktion begonnen. Wegen der vielen Holzfenster, die in unserer Region auch aus Denkmalschutzgründen benötigt werden, lief diese Produktion auch weiter.“ Für Klaus Rietzschel ist nun bald die Zeit gekommen, um die berufliche Laufbahn zu beenden. Lange hat er einen Nachfolger für sein kleines Team gesucht. Der Zufall wollte es, dass Ronny Ladwig aus Schönhausen davon erfuhr. „Ich hatte mich schon seit einigen Jahren mit den Gedanken getragen, mich selbstständig zu machen. Da kam mir diese kleine Tischlerei mit einem großen Kundenkreis und einem guten Namen wie gerufen“, so der 35-jährige Tischler.

In der Tischlerei Stempin in Fischbeck, wo er aufgewachsen ist, erlernte Ronny Ladwig den Tischlerberuf und war dort acht Jahre lang im Holzfensterbau und auch im Büro tätig. Er ging dann nach Stendal zu einer großen Kunststofffensterbaufirma und hatte als stellvertretender Produktionsleiter und später als Produktionsleiter 30 Mitarbeiter unter sich.

Nun übernimmt er den Kundenstamm von Holz und Glas, „so eine Firmenübernahme ist immer besser als ein kompletter Neuanfang“.

Auch die gelernten Tischler werden übernommen. Sie sind sehr froh darüber, da sie nicht wussten, ob es mit der Firma überhaupt weiter geht. Noch ist der Betrieb klein und überschaubar, „aber ich kann mir auch eine Vergrößerung vorstellen“, startet Ronny Ladwig, der verheiratet ist und einen acht Monate alten Sohn hat, voller Optimismus in die Selbstständigkeit. Eine weitere Verbesserung des Services sowie die Lehrausbildung sind angedacht. Klaus Rietzschel bleibt vorerst noch Betriebsleiter, da Ronny Ladwig noch keinen Meisterbrief hat.

Ein Havelberger Traditionsbetrieb bleibt erhalten.