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Reform Länder kritisieren Finanzausgleich

Der Ton im Bund-Länder-Streit über Details des Finanzpaket wird rauer. „Unverantwortlich“ und „abenteuerlich“ sei das, wettern die Länder.

Von André Stahl 08.12.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Die Länder bleiben auf Blockadekurs bei der Neuordnung der Finanzbeziehungen. Sie lehnen die vom Bund geforderten zusätzlichen Kompetenzen ab und werfen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor, mit immer neuen Vorschlägen für Grundgesetzänderungen weit über die Bund-Länder-Vereinbarungen vom 14. Oktober hinauszugehen.

„Das führt natürlich zu großer Verärgerung“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering (SPD), am Donnerstag nach einem Treffen der 16 Ministerpräsidenten in Berlin. Er dämpfte wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) die Erwartungen an das anschließende Treffen aller 16 Regierungschefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

„Wir fahren also nicht mit großer Begeisterung ins Kanzleramt“, sagte Sellering. Bei dem ein oder anderen sei der Eindruck entstanden, die Einigung vom Oktober werde vielleicht nicht von der gesamten Bundesregierung mitgetragen und das Gesamtpaket wieder in Frage gestellt. „Das wäre sehr bedauerlich“, sagte Sellering. Er hoffe aber auf Annäherung. Haseloff warnte vor einer völlig neuen Staatsarchitektur und sagte: „Da muss noch ein dickes Brett gebohrt werden, um da Bewegung hineinzukriegen.“

Bund und Länder hatten sich Mitte Oktober auf eine Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen verständigt. Im Gegenzug für jährliche Hilfen von gut 9,52 Milliarden Euro ab 2020 soll der Bund mehr Kompetenzen erhalten – etwa bei Fernstraßen, Steuerverwaltung, Investitionen in Schulen oder Online-Angeboten. Der Bund pocht darauf, dass es bei dem vereinbarten Gesamtpaket bleibt. Unklar war, ob er noch diesem Freitag die geplanten Gesetzesänderungen zur Umsetzung der Bund-Länder-Vereinbarungen im Kabinett auf den Weg bringt – auch unabhängig vom ungelösten Streit mit den Ländern. Eine Lösung würde dann im weiteren Gesetzgebungsverfahren in Bundestag und Bundesrat angestrebt. Endgültig beschlossen werden soll das Reformpaket im Frühjahr.

Zu den Streitpunkten gehört unter anderen der erweiterte Unterhaltvorschuss. Konkret sagte Haseloff, der Bund müsse die Entlastungen, die er durch die Unterhalts-Reform bei den Hartz-IV-Ausgaben erwarten könne, mit den Mehrkosten der Länder für die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses verrechnen. Ob die Verbesserungen, wie von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgesehen, schon von Januar 2017 an gelten könnten, ließen die Ministerpräsidenten offen. Haseloff warnte hingegen vor einem „Schnellschuss“ und unterstützte damit die Forderung der Kommunen, das Gesetz später in Kraft treten zu lassen.

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf zwar bereits gebilligt, doch die Union weigert sich, mit den Beratungen im Bundestag zu beginnen, bevor nicht der Finanzierungsstreit vom Tisch ist. Die Lösung wird von dem Treffen mit den Länderchefs in Berlin erwartet.

Den Unterhaltsvorschuss bekommen Alleinerziehende, deren Ex-Partner nicht für die gemeinsamen Kinder zahlen. Bisher wird er bis zum 12. Lebensjahr und höchstens sechs Jahre lang gewährt. Künftig soll er bis zum 18. Lebensjahr bezahlt werden.

Der Bund rechnet mit Mehrkosten von insgesamt 800 Millionen Euro, die normalerweise vom Bund zu einem Drittel und von den Ländern zu zwei Dritteln getragen werden müssen. Die Länder gehen aufgrund eigener Berechnungen von mindestens doppelt so hohen Mehrausgaben aus, weil sie damit rechnen, dass sich die Zahl der gegenwärtig 440 000 Bezieher mindestens verdoppelt.