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Volksstimme-Serie: Magdeburg und die Elbe, Teil 5: Die Schifffahrt vom Mittelalter bis 1880 Appelkähne als Brennholz verkauft

22.01.2011, 04:23

Teil 5 der groß angelegten Volksstimme-Serie zur Elbe beschäftigt sich mit der Schifffahrt seit dem Mittelalter bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts. Der Handel auf dem Wasserweg begann zu blühen.

Von Ingo Klinder

Magdeburg. (Fortsetzung) Die Ursprünge der Schifffahrt liegen wohl beim Floß. Mit der Flößerei ließ sich der Transport elbabwärts leicht bewerkstelligen, konnte doch ein Vielfaches einer Wagenladung (Last) aufgenommen werden. Für die Fahrt gegen den Strom waren Flöße aber nicht geeignet. Die ersten vorgeschichtlichen Zeugnisse von Wasserfahrzeugen, aus der Elbe bzw. aus verlandeten Elbarmen geborgen, sind große Einbäume, die mittels Staken, Rudern, Segeln oder Treideln auch gegen den Strom fahren konnten.

Für die ersten urkundlich belegten Schiffstransporte auf der Elbe (und Saale) müssen aber bereits aus Bohlen erbaute Lastkähne mit höherem Fassungsvermögen von 2 bis 4 Lasten (etwa 4 – 8 t) verwendet worden sein. So ist uns aus dem Jahre 981 die Überführung des Leichnams des auf der Burg Giebichenstein (bei Halle/S.) verstorbenen Magdeburger Erzbischofs Adalbert per Schiff nach Magdeburg überliefert. Als Bischof Otto von Bamberg gegen die Slawen zog, um diese zu christianisieren, hatte er für die Versorgung seines Heeres auf der Messe in Halle Güter (wohl hauptsächlich Salz und Brotgetreide) erworben, die er im Jahre 1127 auf Saale und Elbe über Magdeburg bis nach Havelberg verschiffen ließ. Von dort soll der Weitertransport auf dem Landwege erfolgt sein. Im folgenden Jahr wird die Wiederholung dieses Wassertransportes erwähnt.

Lastschiffe mussten einen geringen Tiefgang bei größtmöglicher Tragfähigkeit haben. Sie wurden meist mit flachem Boden aus starken Holzdielen mit aufgesetzten Bohlen als Bordwände erbaut. Die Verbindung erfolgte mit L-förmigen Spantenknien aus krumm gewachsenem Holz, auch als Hammelbeine bezeichnet. Bug und Heck waren aus schräg nach oben gezogenen Bodendielen und zur Mitte gezogenen Bordgängen zur sogenannten Kaffe ausgebildet. Das war eine relativ einfache Bauweise, mit welcher auch leicht am Ufer anzulegen war. Das Streichruder, ein langer Riemen an Steuerbord, wurde im Laufe der Entwicklung in die Mitte des Hecks verlegt, später zum Wippruder verändert mit einem Steuernagel drehbar gelagert.

Im Vorschiff gab es ein flaches Deck, die Plicht und einen Unterschlupf für die Schiffsknechte. Im Achterschiff war der Stand, ein Festdeck zur Ruderbedienung und davor eine kleine Kajüte (Butze) für Schiffer und Steuermann.

Die Ladung wurde in Fässern oder durch Abdeckplanen vor der Witterung geschützt. Später setzte sich die Abdeckung des Laderaumes mit dachförmig angeordneten Luken durch, die auf zwei Firstbalken quer zum Schiff auflagen. Diese Katzenbuckelkähne sind noch bis ca. 1850 auf alten Abbildungen nachweisbar.

Der Mast, meist höher als der Kahn lang, war etwa nach dem ersten Drittel eingesetzt und trug anfänglich wohl ein großes Rahsegel. Er ließ sich nur schwer legen, was wegen noch fehlender Brücken über die Elbe nicht oft nötig war.

Bis 1800 hatte sich für die Lastschiffe aber das Sprietsegel durchgesetzt. Es war leichter von Deck aus zu bedienen und gestattete es, höher am Wind zu segeln als das Rahsegel. Über die Umfahrung der sehr frühen Magdeburger Strombrücke wird in einer anderen Folge berichtet. Neben den Lastschiffen, die den Großteil des Warentransportes übernahmen, gab es weitere Schiffstypen. Nach den Elbe- Zollregistern waren zu unterscheiden: Schiffe, Archen, Gellen, Schuten, Ewer und Kähne. Es gab für jede Fahrzeuggröße und natürlich auch für die Ladung unterschiedliche Zollsätze. Die Schiffe konnten gegen 1700 bereits 120 Lasten, etwa 60 t tragen.

Eine Besonderheit stellten böhmische Zillen dar. Aus rohem Holz und recht unförmig gezimmert, nur mit Moos zwischen den Planken gedichtet, transportierten sie Obst und landwirtschaftliche Erzeugnisse von der oberen Elbe bis Hamburg und sogar nach Berlin. Nach Verkauf der Ware wurde auch der "Appelkahn" zum Abbruch als Brennholz verkauft, der Schiffer wanderte mit dem Erlös zurück in die Heimat. (Fortsetzung folgt)