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Immer mehr Kommunen entdecken das "lukrative Geschäft" mit Einwohnermeldedaten Verkaufte Bürger? Stadt wehrt sich gegen Vorwurf des Datenhandels

24.01.2011, 04:28

Hundesteuer, Parkplatzgebühren, Knöllchen – wenn es darum geht, klamme Haushaltskassen aufzubessern, zeigen sich Kommunen erfinderisch. In Berichten u. a. des ZDF heißt es, auch der Verkauf von Meldedaten an Firmen sei für Kommunen inzwischen ein lukratives Geschäft. Das Land Berlin nimmt damit jährlich 3,3 Millionen Euro ein. Für Magdeburg wollte die hiesige FDP-Ratsfraktion das jetzt genauer wissen und forderte von der Verwaltung Aufklärung.

Altstadt. Mit Auskünften aus dem Melderegister hat auch die Stadt Magdeburg in den letzten Jahren nicht schlecht Kasse gemacht. Im Jahr 2008 waren es rd. 240 710 Euro, im Jahr 2009 dann 265 436 Euro und bis 31. November 2010 immerhin schon knapp 170 000 Euro. Dem Vorwurf des "Verkaufs von Meldedaten" oder gar des Adresshandels widerspricht das Rathaus vehement. Es würden lediglich auf gesetzlicher Grundlage des Meldegesetzes Sachsen-Anhalt Auskünfte erteilt und nicht "Meldedaten verkauft", heißt es in der Stellungnahme zur FDP-Anfrage.

Für die Bearbeitung einer einfachen Melderegisterauskunft berechnet das Einwohnermeldeamt 5 Euro plus Porto (bei besonderen Ermittlungen 7 bis 10 Euro). Das läppert sich offenbar. "Wenn man den Verwaltungsaufwand ehrlich dagegen rechnet, sieht die Bilanz aber schon recht dünn aus", argumentiert Abteilungsleiter Bürgerservice Frank Ehlenberger.

Dass für Weiterverkaufs- und Werbezwecke gesammelte Auskünfte an Firmen gehen, schließt er aus. "Gruppenauskünfte zum Beispiel hinsichtlich einer Käuferzielgruppe sind gar nicht möglich", betont Ehlenberger. Es sei für Firmen aufwendig und kostspielig, sich über die einfache Melderegisterauskunft eine Vielzahl von Adressen zu besorgen. Denn die einfache Anfrage verlangt, dass mindestens drei Merkmale, z. B. Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Geburtsort etc. benannt werden. Die Anfrage muss gezielt zu einer Person erfolgen und nur wenn eine eindeutige Identifizierung möglich ist, gibt die Meldestelle Auskunft. Zumeist handele es sich um Nachfragen zur aktuellen Adresse eines Gesuchten. Dazu könne jeder anfragen, hieß es. Beispiel: Gläubiger sucht Schuldner oder jemand möchte ein Klassentreffen organisieren. Sammelauskünfte zu bestimmten Personen sind wiederum möglich. Auch hier werden zumeist aktuelle Anschriften gesucht. So fragen Verkehrsbetriebe, Krankenkassen, Wohnungsbaugenossenschaften oder Inkassobüros bei der Behörde an. Nach § 33 des Meldegesetzes des Landes darf das Amt im Normalfall nur über Vor- und Familiennamen, Doktorgrad und Anschriften bestimmter Einwohner Auskunft geben. Gruppenauskünfte gibt es nur bei besonderem öffentlichen Interesse. "Der Datenschutz hängt ganz hoch", versichert Amtschef Ehlenberger auch im Hinblick auf Firmenwerbung.

Trotz guten Willens: Nicht immer dürfte für den Bearbeiter erkennbar sein, welche Absichten hinter einer Anfrage stecken. Aus diesem Grunde können Bürger die Übermittlung von Daten z. B. an Religionsgesellschaften, Parteien, bei Alters-/Ehe- und Lebenspartnerschaftsjubiläen oder für die Direktwerbung verhindern. "Damit sagt man dem Amt, wenn z. B. Anfragen kommen, bei denen ein Werbezweck erkennbar ist, bitte keine Auskunft erteilen", so Ehlenberger. Langsam, aber stetig wachse die Zahl derer, die ihre Daten für solche Adressaten sperren lassen. Notwendig ist dafür die Eintragung einer Übermittlungssperre, die beim Einwohnermeldeamt beantragt werden kann (siehe Infokasten). Die Sperre hat allerdings auch ihre Grenzen. So ist sie kein Schutz vor Gläubigern. "Bei berechtigtem Interesse der Gegenseite kann man sich der Grundauskunft nicht entziehen", erläutert Ehlenberger. So soll entgegengewirkt werden, dass Schuldner abtauchen oder sich zum Beispiel vor Unterhaltsverpflichtungen drücken.