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Finzelberg-Prozess: Gericht analysiert Arbeitsweise des Ausschusses

16.08.2013, 09:51

Stendal - Im Prozess gegen Landrat Lothar Finzelberg (parteilos) wegen Falschaussage analysiert das Landgericht die Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Als erste Zeugin sagte am Freitag die damalige Ausschussvorsitzende Angelika Hunger aus. "Ob es strafrechtliche Vorwürfe gab, war für uns nicht von Interesse", sagte die Linken-Politikerin vor dem Landgericht Stendal. Die Frage, ob Zeugen eine besondere Rechtsstellung als Betroffene oder Beschuldigte gehabt hätten, habe keine Rolle gespielt. "Das ist für uns gar nicht die Frage gewesen."

Finzelberg muss sich vor Gericht verantworten, weil er vor dem Ausschuss die Unwahrheit gesagt haben soll. Seine Anwälte halten eine Falschaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss für gar nicht strafbar und hatten bereits eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht gefordert. Nach der Strafprozessordnung, die analog auch für Untersuchungsausschüsse gilt, müssen Zeugen sich nicht selbst belasten.

Brisanz gewann der Fall Finzelberg zuletzt, weil inzwischen die Staatsanwaltschaft in Magdeburg auch gegen Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) ein Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage einleitete und dafür dessen Immunität aufheben ließ. Hintergrund war eine Strafanzeige eines Linken-Politikers.

Die damalige Ausschussvorsitzende Hunger sagte, der Ausschuss habe nur die politische Verantwortlichkeit klären wollen. Alles weitere sei die Aufgabe der Staatsanwaltschaft. "Wir wollten keine strafrechtliche Aufklärung betreiben", sagte Hunger.

Zugleich bestätigte Hunger auf Grundlage ihr vorliegender Protokolle die strittigen damaligen Aussagen Finzelbergs. Dabei ging es um die Frage, ob Finzelberg damals Vernehmungsprotokolle von anderen Zeugen des Ausschusses vorliegen gehabt habe, was er im Ausschuss bestritten hatte. Zudem geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt er Beschuldigte aus zwei Tongruben in Möckern und Vehlitz kennengelernt habe.

In erster Instanz war Finzelberg zu 14 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Zudem ermittelt die Justiz wegen Bestechlichkeit gegen Finzelberg, hat aber seit Jahren keine Anklage erhoben.

Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages erklärten die Verteidiger Finzelbergs, ihr Mandant wolle sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. Finzelberg hatte zum Prozessauftakt erklärt, er hoffe auf einen Freispruch. Auf ein Angebot des Richters, wonach Finzelberg bei einem Geständnis zu acht bis zehn Monaten auf Bewährung verurteilt werde, ging er bislang nicht ein. Sollte ein Urteil von mindestens einem Jahr auf Bewährung rechtskräftig werden, würde Finzelberg automatisch sein Amt verlieren.

Die Staatsanwaltschaft hat zwischenzeitlich auch Anklage gegen Verantwortliche der Tongruben erhoben. Sie sollen in großem Stil ohne Genehmigung Hausmüll in die Gruben gebracht haben. Ein Termin für diesen Prozess steht noch nicht fest.