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Ecclestone muss vor Gericht - Vorstandsposten ruht

16.01.2014, 09:04
Bernie Ecclestone ist der Chef der Formel 1. Foto: Tobias Hase
Bernie Ecclestone ist der Chef der Formel 1. Foto: Tobias Hase dpa pool

München - Bernie Ecclestones Imperium ist mehr denn je in Gefahr: Der 83 Jahre alte Brite muss nun auch in München vor Gericht und sich wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue verantworten.

Unmittelbar nach der Prozessankündigung trat Ecclestone von seinem Direktorenposten im Vorstand der Formel-1-Holding zurück. Die Unterschriften unter wichtige Verträge und andere geschäftliche Abmachungen obliegen damit ab sofort nicht mehr der Verantwortung Ecclestones. Der Vorstand teilte jedoch auch mit, "dass es sowohl geschäftlich als auch sportlich im besten Interesse für die Formel 1 sei, wenn Ecclestone das Tagesgeschäft weiterführe".

Ecclestone habe erneut versichert, dass er unschuldig sei, hieß es in der Mitteilung. Nach Gesprächen mit dem Vorstand habe er seinen Rücktritt aus dem Vorstand für die Dauer des Prozesses selbst vorgeschlagen - die anderen Direktoren stimmten zu. Der Beginn des Prozesses vor dem Landgericht München wird Ende April erwartet. Ecclestone muss in dem Strafprozess als Angeklagter persönlich erscheinen. Mehrfach hatte er schon seine Kooperation signalisiert. Wie Ecclestone gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern, wiesen auch seine Anwälte die Vorwürfe zurück. Die Zulassung der Anklage sei kein Befund in der Sache selbst, teilten die Anwälte Sven Thomas und Norbert Scharf mit. "Es verbleibt dabei: Die behauptete Bestechung gab es nicht." Die Vorwürfe seien unzutreffend und ergäben kein schlüssiges Bild.

Was im Falle einer Verurteilung mit der Formel 1 passieren würde, ist offen. Ein potenzieller Nachfolger für Ecclestone, der Ende der 70er Jahre die Vermarktungs- und TV-Rechte gekauft hatte, steht nicht fest. "Das legt sich wieder", sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko der dpa: "Für uns gilt die Unschuldsvermutung bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung." Andere wollten sich gar nicht äußern: Eine Sprecherin von Ferrari sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass die Scuderia zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Stellungnahme abgeben werde. Das Williams-Team wird nach eigenen Angaben zu diesem Sachverhalt ebenfalls keinen Kommentar veröffentlichen. Auch Lotus mochte nichts sagen.

Dass Ecclestone selbst aber erstmal weiter relativ unbeeindruckt Business-as-usual betrieb, wurde auch deutlich. Nicht mal eine Stunde nachdem das Landgericht die Anklagezulassung verkündet hatte, bekräftigte er das Kaufinteresse am insolventen Nürburgring. Er sei in Kontakt mit den für den Verkauf der Eifel-Rennstrecke verantwortlichen Personen gewesen, teilte sein Londoner Büro der dpa mit.

In dem Prozess vor dem Landgericht München wird es um den Verkauf der Formel-1-Anteile der BayernLB im Jahr 2006 gehen. Damals kassierte Ecclestone von dem zuständigen Bankvorstand Gerhard Gribkowsky 41 Millionen Dollar Provision. Dem deutschen Banker soll der britische Formel-1-Boss dann laut Anklage wiederum 45 Millionen Dollar heimlich zurückgegeben haben, damit dieser den Verkauf der Formel 1 in seinem Sinne regelte. 2012 war Gribkowsky vom Münchner Landgericht zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Bei der Urteilsverkündung gegen Gribkowsky hatte der Vorsitzende Richter Peter Noll gesagt, Ecclestone habe den Banker "ins Verbrechen geführt". Auch die Entscheidung über die Anklage gegen Ecclestone lag bei Nolls Kammer. Ecclestone selbst hat die Bestechungsvorwürfe stets bestritten. Er versicherte immer wieder, "nichts Illegales" getan zu haben.

In einem Zivilprozess in London, in dem sich Ecclestone bereits seit Ende Oktober vergangenen Jahres verantworten muss, hatte er die Zahlungen an Gribkowsky zugegeben, wie früher aber darauf beharrt, dass dieser ihn unter Druck gesetzt habe. "Ich habe Dr. Gribkowsky bezahlt, weil er sagte, er würde mich mit Blick auf Steuerregelungen unserer Familien-Stiftung erpressen ... was sehr teuer geworden wäre", sagte Ecclestone. Er sagte dort aber auch aus, dass er Gribkowsky zehn Millionen Pfund gezahlt habe. Eine andere Version der Dinge stritt er ab. In dem Prozess in Ecclestones Heimat - sein Büro liegt unmittelbar am Hyde Park - geht es um eine Klage der Constantin Medien AG auf die Zahlung von 171 Millionen US-Dollar (rund 124 Millionen Euro) Entschädigung.

Die Medien AG ist der Meinung, dass Ecclestone das Aktienpaket an die Investmentgesellschaft CVC zu billig verkauft habe. Auch die BayernLB hatte Mitte Dezember bestätigt, Schadenersatz von Ecclestone wegen der damaligen Vorgänge einzuklagen - die Summe: 400 Millionen. Ecclestone war nach dem Verkauf der Formel 1 an CVC von dem Investmentunternehmen weiter als Geschäftsführer der Motorsport-Königsklasse eingesetzt worden.

Und in dieser Position hat sich der schon als kleiner Bub geschäftstüchtige Brite - "Ich habe schon früh mit allem gedealt und gehandelt, was mir nur in die Finger kam" - praktisch unabkömmlich gemacht.