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Landtag stellt sich gegen "Heilungsseminare" für Homosexuelle

31.01.2014, 02:11

Magdeburg - Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat sich am Freitag parteiübergreifend gegen vermeintliche "Heilungsseminare" für Schwule und Lesben ausgesprochen. Scharf kritisierte die Opposition allerdings CDU-Fraktionschef André Schröder, der einer umstrittenen Gesellschaft für Lebensorientierung (Leo e.V.) aus der Gemeinde Südharz zunächst seine Unterstützung zugesagt hatte. Nachdem bekanntgeworden war, dass der Verein Homosexualität in Seminaren als Krankheit einstufte, hatte Schröder seine Zusage einer Mitarbeit im Kuratorium diese Woche allerdings zurückgezogen.

Schröder sagte im Landtag, er habe den Verein in seinem Wahlkreis durch eine Vielzahl seriöser Projekte wie Buchlesungen über die regionale Geschichte oder Backkurse kennengelernt. Er wolle auch in Zukunft sinnvolle Projekte zur Förderung von Familie und Jugend unterstützen. "Fragwürdige Therapieversuche mit der Absicht, Homosexuelle von ihrer sexuellen Orientierung zu heilen, gehörten und gehören für mich nicht dazu."

Der umstrittene Verein war Anfang der 1990er Jahre von dem Pfarrer, Pastoralpsychologen und ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten Bernhard Ritter gegründet worden. Zu den Mitgliedern des Vereins zählt auch der frühere CDU-Ministerpräsident Christoph Bergner, der sich ebenfalls von den Thesen des Vereinsgründers distanziert hatte.

Linksfraktions-Chef Wulf Gallert sagte, das Verhalten Schröders sei Teil einer Strategie. Zum einen zeige sich die CDU offen. "Auf der anderen Seite will man sich aber nicht von konservativen Milieus lösen, in dem Vorurteile und Diskriminierung weiter fröhlich Urstände feiern, schon allein, um sie nicht als Wählerpotenzial zu verlieren." Zudem warf er der CDU vor, Homosexuelle auch heute noch zu diskriminieren, weil die Partei ein Adoptionsrecht für schwule oder lesbische Paare ablehne. "Das ist Diskriminierung", sagte Gallert.

Schröder sagte, Ehe und Familie stünden unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes, und die CDU stütze dies. Es gebe in der Gesellschaft und in der Volkspartei CDU eine breite Diskussion und auch in der Union gebe es seit 15 Jahren einen Lesben- und Schwulenverband. "Die CDU ist längst eine bunte Volkspartei", sagte Schröder.

Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert sagte, es schade Betroffenen, den Eindruck zu vermitteln, dass Homosexualität eine Krankheit sei. Diese Debatte sei im vergangenen Jahrhundert geführt worden und wissenschaftlich längst beendet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte Homosexualität 1990 von der Liste psychischer Krankheiten gestrichen.

SPD-Chefin Katrin Budde erklärte: "Wer glaubt, Homosexualität sei heilbar, der glaubt, Homosexualität ist eine Krankheit. Das ist nicht nur Unsinn, das ist gefährlich und menschenverachtend." Die SPD fordere eine Gleichstellung auch im Adoptionsrecht.

Im Internet wurde unter dem Hashtag "#HomoHeilerGate" über den Verein und die Rolle der CDU diskutiert. Schröder twitterte: "Homophobie kennt kein Parteibuch! Respekt vor sexueller Identität ist vereinbar mit besonderem Schutz von Ehe und Familie." Der Linke-Abgeordnete Jan Wagner meinte dagegen: "Die Frage, ob Homophobie ein Parteibuch kennt, blieb offen. Dass Herumlavieren ein Parteibuch hat, wurde indes deutlich." Der Generalintendant des Anhaltischen Theaters in Dessau, André Brücker, witzelte: "In Sachsen-Anhalt gründet sich ein neuer Verein. Ziel und Zweck: "Kreativität ist heilbar." Kuratoriumsmitglieder gesucht!"

Unterdessen will der Paritätische Wohlfahrtsverband prüfen, den umstrittenen Verein aus seinen Reihen auszuschließen. Der Landkreis Mansfeld-Südharz will prüfen, ob der Verein freier Träger der Jugendhilfe bleibt.