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Koch trotz Schwimm-Titel und Rekord kritisch

22.08.2014, 13:00
Marco Koch zeigte sich selbstkritisch. Foto: Hannibal
Marco Koch zeigte sich selbstkritisch. Foto: Hannibal dpa

Berlin - Auch am Morgen nach seinem größten Erfolg ist Europameister Marco Koch alles andere als euphorisch. Noch mit leerem Magen wegen des Besuchs beim Frühstücksfernsehen sieht er sich auf einem eigens gereichten Handy zum ersten Mal das stärkste Rennen seiner Karriere an.

Über 200 Meter Brust schwamm Koch mit deutschem Rekord zum ersten EM-Gold der Beckenschwimmer in Berlin, aber seine Kommentare klangen eher wie die eines Verlierers. "Das sieht echt übel aus" und "Die letzten Meter waren nix" kommentiert der Darmstädter das Video der ARD-Übertragung.

Die Kappe seines Sponsors tief ins Gesicht gezogen ("Ich find\' meine Frisur nicht so geil heute morgen"), redet Koch über die Gründe des Erfolgs. Der 24-Jährige ist beileibe kein Lautsprecher, andere hören sich da lieber reden. Dennoch lässt er ab und zu einen gewissen Mutterwitz aufblitzen. "Man hat mich früh ins Wasser geworfen, da konnte ich nur Brust. Delfin ging gar nicht, Kraul nur wie ein Hund", sagt der WM-Zweite, der bei seinem ersten Langbahn-Titel in 2:07,47 Minuten nur knapp am Welt- und Europarekord vorbei schwamm.

Auch sonst ist der eher stille Koch gerne mal für einen Lacher gut. "Er hatte ja mehr Laktat als ich", kommentierte er die lautstarke Anfeuerung von Heimtrainer Alexander Kreisel. Dieser hatte ihm zuvor bescheinigt, sich in den vergangenen zwei Jahren "zu einem Profisportler entwickelt" zu haben.

Das hat auch viel mit Kochs geändertem Lebenswandel zu tun. Nicht, dass der solide Student nachts um die Häuser gezogen wäre. Vielmehr waren es Burger, Pizza und Süßes, die zu viel Kilo auf seine Rippen brachten. Der Sinneswandel kam allmählich nach den auch für Koch so enttäuschenden Olympischen Spielen 2012 mit Platz 13. Bei 30 Stunden Training pro Woche stimmte der Ertrag nicht mehr. "Ich habe mir gedacht, du steckst so viel Zeit rein und frisst den ganzen Tag nur Scheiße, das ist irgendwie grotesk", erklärte Koch einen Grund für seine Nahrungsumstellung.

Bei einem Bluttest wurde zudem eine Gluten-Unverträglichkeit festgestellt, seitdem verzichtet Koch auch auf tierische Produkte und isst nur noch wenig Fleisch: "Ich glaube nicht, dass man es in Massen braucht." Statt Eier und Milch gibt es nun zum Frühstück meist Reiswaffeln mit Erdnussbutter, Obst ersetzt die früher so geliebten Süßigkeiten. Der Lohn: Seit seiner Silbermedaille bei der WM 2013 in Barcelona, als Koch die Beckenschwimmer vor der totalen Pleite bewahrte, verlor er fünf Kilogramm. "Und ich habe noch Muskelmasse aufgebaut."

Medaillen und Zeiten bedeuten Koch übrigens mehr als Titel. Das WM-Silber liegt seit einem Jahr daheim in einem Kasten, die EM-Goldmedaille in Tropfenform lag die Nacht über in seinem Rucksack statt wie bei anderen unterm Kopfkissen. "Ich bin kein Typ, der sich so was aufhängt", sagt der Hesse. Rennen und Zeiten seien ihm wichtiger. "Natürlich will ich auch Olympiasieger werden. Aber mein Antrieb ist, ständig besser zu werden."