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Informationsveranstaltung Viel Verständnis für Flüchtlinge

Rund 200 Bürger wollten sich Dienstagabend über die Aufnahme von Asylbewerbern informieren .

03.09.2015, 16:04

Salzwedel l Nachdem Kreis-Dezernent Hans Thiele in einer informativen Präsentation die nackten Zahlen vorgestellt hatte, war auch dem Letzten im Saal klar, die Lage ist akut. Im August sind 95 Asylbewerber im Kreis angekommen, im September werden es 129 sein – mit steigender Prognose für die folgenden Monate: Bis Ende des Jahres rechnet der Landkreis mit insgesamt knapp 1000 Menschen, die im Altmarkkreis Zuflucht suchen. Die Kapazitäten zur Unterbringung sind inzwischen weitgehend erschöpft. Bereits vor einer Woche hatten deshalb Bürgermeister, die Fraktionsvorsitzenden des Kreistages, Integrationshelfer, Wohnungsbauunternehmen sowie weitere Partner zusammengesessen, um Lösungen zu finden.

Kurzfristig wird in der Salzwedeler Kollwitzhalle eine Notunterkunft für 120 Flüchtlinge eingerichtet, im Frühjahr soll die ehemalige Schule als Gemeinschaftsunterkunft für 170 Personen hergerichtet sein (wir berichteten). Ziel bleibe nach wie vor, Familien in Wohnungen unterzubringen. Dabei soll künftig auf kleinere Orte ausgewichen werden. Momentan bilden Salzwedel, Gardelegen, Pretzier, Kalbe und Mieste die Schwerpunkte.

Die Integrationsbeauftragte des Kirchenkreises, Christina Dietmann, und Kalbes Künstlerstadt-Initiatorin Corinna Köbele berichteten, wie gut ehrenamtliche Hilfe funktioniert. Wichtig sei, auf die Asylbewerber zuzugehen, sie nicht zu isolieren. „Sie wünschen sich den Kontakt“, sagte Köbele. Ob bei gemeinsamer Musik, Gartenarbeit, Backkursen und vielem mehr seien sich „alte und neue Bürger“ näher gekommen. Und so bezogen sich viele Fragen aus der Zuhörerschaft, auf die Unterstützung der Menschen. Probleme wurden bei der ärztlichen Versorgung befürchtet. Landrat Michael Ziche räumte ein, dass vor allem die Hausärzte überlastet seien, verwies aber auf die Ambulanzen der Krankenhäuser.

Angeboten wurde von Anwesenden, Flüchtlinge privat aufzunehmen, was grundsätzlich möglich ist, wenn eine umfassende Betreuung erfolgt. Die Vorschläge reichten von leere Gehöfte auf dem Lande zu aktivieren und gemeinschaftlich Landwirtschaft zu betreiben bis dahin die ehemalige Förderschule in Klötze oder das dortige Gebäude des ehemaligen Rat des Kreises zu nutzen. Die Bürger fragten wo und wie gespendet werden kann und sorgten sich, dass die Flüchtlinge zu lange in der Notunterkunft ausharren müssen.

Beklagt wurden die Bürokratie, die Asylverfahren in die Länge ziehe, und die Rechtslage die verhindere, dass Antragsteller in der freien Wirtschaft arbeiten dürfen.

Der Landrat freute sich gestern über soviel Verständnis für die Situation. „Meine Erwartungen wurden übertroffen. Es wurde sehr sachlich hinterfragt und vorgeschlagen“, sagte er. An der Meinungsbildung der Bevölkerung sei zu merken, dass sie helfen will. Dass Einige mit rechtsmotivierten Parolen provozieren wollten und des Feldes verwiesen wurden, blieb da nur eine Randnotiz.

Pläne der Landesregierung Asylbewerber aus dem Westbalkan nicht mehr auf die Kreise zu verteilen sondern in den Erstaufnahmestellen zu belassen, begrüßte Ziche: „Von ihnen haben nur 0,1 bis 0,3 Prozent eine Chance, dass ihrem Verfahren stattgegeben wird.“ Er betonte: „Das würde unsere Kapazitäten entlasten.“ Allerdings seien unter ihnen Roma, die in ihren Herkunftsländern verfolgt würden. Sie hätten nach geltendem Asylrecht trotzdem keine Chance, in Deutschland zu bleiben.