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MVB Ersatz für nasse Hose in der Bahn?

Eine Frau setzt sich in der Straßenbahn auf einen nassen Sitz. Danach entbrennt ein Streit um die Übernahme der Reinigungskosten.

17.01.2016, 23:01

Magdeburg l Man stelle sich die Situation vor: ein freier Platz in der Straßenbahn. Schön, denkt man sich, und setzt sich. Um dann sofort zu merken: Hier stimmt etwas nicht; der Sitz muss feucht gewesen sein. Die Nässe dringt sofort durch die Hose bis auf die Haut. Was fast noch schlimmer ist: Es stinkt nach Urin. Genau so ist es unserer Leserin Frau Richter in einer Bahn der Linie 10 am Eiskellerplatz passiert. Fast eine Stunde brauchte sie, bis sie mit der beschmutzten Hose – und miesem Gefühl dazu – quer durch die Stadt und wieder zu Hause war. Der Vorfall liegt zwar schon einige Monate zurück, doch der Schriftwechsel mit den MVB zog sich eine Zeitlang hin.

Seit 30 Jahren fährt unsere Leserin regelmäßig mit den MVB. Sie wollte dieses unschöne Erlebnis nicht so einfach auf sich sitzen lassen und forderte vom Unternehmen den Ersatz der Reinigungskosten. Einen Kostenvoranschlag von einer Reinigungsfirma hatte sie eingeholt, die Hose dann aber letztlich doch selbst zu Hause gewaschen und 25 Euro dafür verlangt. Die MVB weigerten sich aber, die Summe zu bezahlen, weil Frau Richter keine Rechnung vorweisen konnte. Ärgerlich für die treue MVB-Kundin, die sich daraufhin an die Volksstimme wandte.

Beschmierte Griffe, beschmutzte Sitze – manche Verursacher schert es wenig, wie es nachfolgenden Fahrgästen ergeht. Doch müssen die MVB dafür einstehen, was Dritte verursacht haben? Müssen sie nicht, sagt Tim Stein, Sprecher des Unternehmens, und beruft sich dabei auf bundesdeutsches Recht. In den Beförderungsbedingungen sind zwar unter Paragraf 14 Schadensersatzleistungen aufgeführt, der Anspruch gelte jedoch nicht für von Dritten verursachte Schäden, betont Stein.

„Da hat das Unternehmen MVB ausnahmsweise mal recht“, sagt Katja Schwaar von der Magdeburger Verbraucherzentrale auf Volksstimme-Nachfrage. Ein Schadensersatzanspruch setze schuldhaftes Handeln – durch Vorsatz oder fahrlässiges Agieren – voraus. „Da die MVB nichts dafür können, wenn zum Beispiel jemand den Sitz beschmutzt, läuft die Forderung hier ins Leere“, erläutert die Rechtsberaterin. Solange die MVB die üblichen Sicherheits- und Sorgfaltspflichten einhalten, gebe es keinen Anspruch. „Etwas anderes wäre es, jemand wirft eine Scheibe ein, überall liegen Splitter, der Fahrer sieht das und unternimmt nichts“, so Schwaar. Für Schäden, die hierbei entstehen, müssten die MVB haften, so die Verbraucherschützerin.

Doch auch ohne Anspruch: Beim Thema verschmutzte Kleidung praktizieren die MVB eine Kulanzregelung, wie Sprecher Tim Stein betont. „Wir erstatten in der Regel die Kosten für die Reinigung der Kleider“, sagt er. Bis jetzt sei das aber nicht so häufig vorgekommen - im vorigen Jahr dreimal.

Betroffene müssen aber eine Rechnung vorlegen. „Wir bitten auch um eine kurze Darstellung, wann und wo das passiert ist, und möglichst um ein Foto.“ Betroffene Fahrgäste sollten sich dann direkt an die Rechtsabteilung unter Telefon 0391/548 12 37 wenden.

Die Fahrzeuge der MVB werden täglich nach ihrem Einsatz in den Betriebshöfen gereinigt. Alle acht Wochen erhält jedes Fahrzeug zudem eine aufwendige Grundreinigung. Fahrer sind angehalten, möglichst an jeder Endstelle, wenigstens aber an jeder 2. Endstelle, nach dem Rechten zu sehen. Im Bedarfsfall wird ein mobiles Reinigungsteam angefordert oder der Wagen sogar getauscht. Jährlich summieren sich die Reinigungskosten (inkl. Personal) für die MVB auf über 420 000 Euro.