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Hells Angels Bewährung für Rockerbosse

Drei Hells Angels sind in Magdeburg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Sie sollen Ordner beim Oktoberfest verprügelt haben.

20.06.2016, 23:01

Magdeburg l Zum Prozessauftakt Ende März hatten die Angeklagten André G. (44), Matthias K. (34) und Alexander D. (34) noch in Handschellen den Gerichtsaal betreten. Zur Urteilsverkündung am Montag, 80 Tage später, sind diese längst Geschichte. Der Vorwurf einer gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung ist auf einen weniger schweren Fall zusammengeschrumpft, weil eine lebensgefährdende Verletzung des Opfers nicht festgestellt werden konnte.

Vorsitzende Richterin Claudia Methling verkündete die Strafen zwischen 7 Monaten und 1 Jahr und drei Monaten Freiheitsentzug, die jeweils auf zwei Jahre Bewährung ausgesetzt wurden. Die Strafkammer sah es als erwiesen an, dass die drei Angeklagten – sie sollen Präsident, Schatzmeister und Roadcaptain des Magdeburger Charters (Ortsklub) sein – auf zwei Sicherheitsleute des Oktoberfestes in Magdeburg eingeschlagen haben. Eine Zeugin beschrieb, dass sich mehrere Rocker an jenem 3. Oktober in roter Bekleidung „wie eine Wand“ aufgestellt hätten.

Dann sollen sie losgeprügelt haben. Angeblich, weil der Präsident ein ehemaliges Mitglied „abstrafen“ wollte. Das Opfer arbeitete als Sicherheitsmann bei dem Oktoberfest. Er wurde so verletzt, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste.

Wie schwer am Ende die Verletzungen aber waren, konnte nicht mehr nachvollzogen werden. Methling: „Das waren sehr unprofessionelle Ermittlungen, die uns die Arbeit auch erschwert haben.“ So seien zum Beispiel die Opfer nicht sofort untersucht und Fotos von den Verletzungen gemacht worden. „Dabei gibt das die Strafprozessordnung her“, so die Richterin. Im dem Fall widerrief der Betroffene die Schweigepflichtsentbindung des Arztes und machte widersprüchliche Aussagen zu seiner ersten Vernehmung bei der Polizei. Auch Staatsanwältin Martina Laue hatte in ihren Plädoyers der Polizei ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: „Das war mangelhafte Arbeit und das muss man hier auch mal sagen.“ Sie spielte unter anderem darauf an, dass ein abgehörtes Telefonat aus einem anderen Verfahren zu spät in den Prozess eingebracht wurde. Es unterlag deshalb auch einem Verwertungsverbot. Laue verwies aber auch auf die Schwierigkeiten. „Wir haben es hier mit einer Parallelgesellschaft zu tun, die einem Verhaltenscodex untersteht“, sagt sie. Man regele Auseinandersetzungen unter sich. Viele Zeugen blieben am Ende nicht bei ihrer ursprünglichen Aussage oder machten nur allgemeine Angaben. Die Polizei sei auch seitens der Hells Angels mit Anzeigen überflutet worden.

Die Verteidiger forderten Freispruch, weil sie keinen Beweis für die Körperverletzung sehen. Einer sprach sogar von einer „Kampagne gegen die Hells Angels“. Sie seien keine Schwerkriminellen. „Das ist keine Parallelgesellschaft, sondern eine normale Gruppe wie der Rotary Club auch“, sagte er.

Bei der Festnahme in der Szenebar der Hells Angels am 17. November stellte die Polizei zwei Pistolen bei André G. und Alexander D. sicher. Letzterer war im Februar und Matthias K. Anfang Januar wegen gefährlicher Körperverletzung zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Die Strafen und den illegalen Waffenbesitz in zwei Fällen hat das Gericht berücksichtigt. Revision ist möglich.

Der Hells-Angels-Charter hat sich laut Landeskriminalamt offiziell aufgelöst.