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Berufsförderungswerk Menschen ein zweite Chance geben

Um die 600 Menschen pro Jahrgang erhalten durch das Berufsförderungswerk Sachsen-Anhalt eine neue berufliche Perspektive.

24.08.2016, 17:28

Staßfurt l Frank Memmler, Geschäftsführer des Berufsförderungswerks (Bfw) Sachsen-Anhalt, konnte mindestens 100 Mitarbeiter, Mitglieder des Aufsichtsrates und langjährige Partner zur Feierlichkeit begrüßen. Oberbürgermeister Sven Wagner und Landrat Markus Bauer betonten in ihren Grußworten die Wichtigkeit des Bfw, das Menschen eine zweite Chance im Leben gäbe.

Das Bfw in Staßfurt bietet seit 25 Jahren berufliche Rehabilitation für Menschen an, die aus Gründen wie Krankheit oder Unfall ihren alten Beruf nicht mehr ausüben können. Aktuell werden 21 Ausbildungsberufe in den verschiedenen Berufsfeldern angeboten - kaufmännischer und verwaltender Bereich, Metall, Service und Elektro, Informationstechnik, Sozialwesen und Arbeits- und Berufsförderung.

Das Bfw Sachsen-Anhalt beschäftigt 150 Mitarbeiter und unterhält neben dem Hauptsitz Staßfurt noch Außenstellen in Magdeburg, Halle, Dessau und Halberstadt. Die gemeinnützige GmbH versteht sich als überregionaler Dienstleister in Sachen Beratung, Diagnostik und Assessment (Beurteilung der Fähigkeiten), Qualifizierung, Prävention und Rehabilitation. Durch die Wiedereingliederung etlicher Menschen ins Berufsleben, werde auch der Fachkräftemangel der Wirtschaft gelindert.

Am 19. August 1991 begannen die ersten vier Rehabilitanden in Staßfurt eine Maßnahmen zur Eignungsabklärung, im Oktober startete der erste Vorbereitungslehrgang. Ab Januar 1992 erwarben dann 46 Teilnehmer eine neue berufliche Qualifikation. Diese Abfolge der einzelne Phasen wird bis heute so praktiziert. Während der Ausbildung absolvieren die Teilnehmer theoretischen und praktischen Unterricht und mindestens ein Praktikum in einem Unternehmen. Schon während der Ausbildung werden die Teilnehmer bei der Suche nach einer Arbeitsstelle vom Fachpersonal unterstützt.

Wenn Frank Memmler die Zukunft des Bfw betrachtet, weiß er: „Es wird vielmehr darauf ankommen, unsere Teilnehmer noch intensiver als bisher mit Partnern aus der Wirtschaft gemeinsam zu qualifizieren und von den Vorteilen praktizierter Arbeitsmarkt- und Arbeitsplatznähe zu profitieren. Auch Prävention und Inklusion werden künftig stärker unser unternehmerisches Handeln bestimmen.“ Das Berufsförderung müsse sich wie der Arbeitsmarkt selbst dem ständigen Wandel anpassen. Auch der technologische Wandel - Stichwort „Industrie 4.0“ - verlange von Berufstätigen heute immer mehr Kompetenzen. Hinzukomme die Schnelligkeit dieses Wandels - komplexe Aufgaben lösen, ständig Neues lernen, immer neue Techniken erlernen und beherrschen. „Der formale Berufsabschluss reicht immer öfter schon jetzt nicht mehr für eine dauerhaft sichere berufliche Zukunft aus und wird es künftig weniger tun“, so Frank Memmler.

Was die Vermittlung fachlicher Grundkenntnisse sowie die psychologischen, sozialpädagogischen oder medizinischen Hilfen für die Teilnehmer anbelangt, sei das Bfw top aufgestellt. Allerdings werde es zunehmend schwieriger, der technischen Entwicklung aller 21 Berufe beizukommen. Weil man hier teilweise schon an Grenzen stoße, will das Bfw in Zukunft noch intensiver mit Partnern aus der Wirtschaft zusammenarbeiten. Statt einer überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung stellt sich Memmler das Bfw in Zukunft als „Kompetenzzentrum für berufliche Rehabilitation“ vor.

Aktuell zähle das Bfw die meisten Teilnehmer in den kaufmännischen Berufen, habe jedoch noch freie Kapazitäten im gewerblich-technischen Bereich, der ebenso gute Berufschancen biete.

Dass Menschen mit körperlicher Behinderung einfach mehr zugetraut werden müsse, betonte auch Adrian Maerevoet, Landesbehindertenbeauftragter, in seiner Rede: „Eigentlich müssten sich die Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels auch nach beeinträchtigten Arbeitnehmern die Finger lecken, aber hier gibt es noch viel zu große Hemmungen.“ Zudem sei die Arbeit in Werkhallen oder an Maschinen heute seltener eine „Knochenarbeit“ wie noch vor Jahren noch. Der Inklusionsgedanke müsse erst noch bei den Unternehmen ankommen.

Das Bfw Sachsen-Anhalt wurde am 2. November 1990 in Goslar gegründet, 1991 übernahm die Anlage der „Schule der Freundschaft“ in Staßfurt für 11,1 Millionen D-Mark. Schon 1992 arbeiteten hier 100 Mitarbeiter, 46 wurden von der „Schule der Freundschaft“ übernommen. 1993 wurden eine neue Mensa und Küche, 248 neue Parkplätze sowie das Haus 5 fertiggestellt. 1993 dann die Wohnheime II und III mit 360 Betten insgesamt komplett saniert. Noch 42 Einzelzimmer kamen 1994 im Wohnheim I dazu. Weil 1994 die Kapazitäten mit 450 Rehabilitanden erreicht waren, wurden bis 1997 neue Gebäude für Unterricht, Verwaltung, Werkstatt zusätzlich gebaut.