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Feuerwehrübung Wenn Statisten in Magdeburg kreischen

Bei einem Chemie-Experiment kommt es zu einer Verpuffung. Alle Freiwilligen Feuerwehren rücken aus und proben den Ernstfall in Magdeburg.

17.09.2017, 23:01

Magdeburg l Großeinsatz auf dem Schulgelände in der Pablo-Neruda-Straße in Magdeburg: Als erstes treffen am 16. September 2017 die Einsatzwagen der Freiwilligen Feuerwehren aus Prester und Rothensee ein. Die Brandmeldeanlage einer Schule hat Alarm geschlagen. Als die Einsatzkräfte vor Ort ankommen, stellen sie sofort fest: Verstärkung muss angefordert werden.

Blut überströmt und mit Brandwunden am gesamten Körper versehrt kommt Philipp Schulz aus dem Gebäude gerannt und schreit um Hilfe. Die ersten Feuerwehrkameraden kümmern sich sofort um ihn. Philipp Schulz ist angehender Notfallsanitäter und an diesem Sonnabend als Statist im Einsatz. Denn der Alarm ist nicht echt, sondern es handelt sich in dem leerstehenden Schulgebäude um eine Übung für die Ortsfeuerwehren.

Dort soll bei einem Experiment im Chemielabor etwas schiefgelaufen sein. Eine Verpuffung sorgt für Flammen und Rauch, der durch das ganze Gebäude zieht. Für den Qualm haben die Kameraden des Vorbereitungsteams mit Nebelmaschinen gesorgt.

Auf dem Hof parkt eine Freiwillige Feuerwehr nach der anderen ihren Einsatzwagen ab, Atemschutzgeräte werden angelegt und die ersten Schläuche ausgerollt. Wasser fließt an diesem Tag nicht, das würde dem gesamten Gebäude zu sehr schaden. An der Treppe postieren sich die ersten Einsatzkräfte, die sich um die Verletzten kümmern, die von den Feuerwehrkameraden aus dem Gebäude gebracht werden. Mal sind das echte Personen, mal nur Dummies.

Doch nicht alle können übers Erdgeschoss mit der Trage hinausgebracht werden. Auf der anderen Seite der Schule wird bereits die Drehleiter, die die Berufsfeuerwehr für die Übung zur Verfügung gestellt hat, ausgefahren. Statist Fabian Dobbert, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Südost, wird aus dem Obergeschoss übers Fenster gerettet. Er kann selbst in den Korb steigen. Statistin Steffanie Kröger allerdings schlüpft in die Rolle der bewusstlosen Schülerin und muss von den Einsatzkräften getragen werden.

Ehe Statist Anton Hoeschen am Sonnabend gefunden wird, vergeht eine ganze Weile. „Ich lag auf dem Dach im Innenhof und erstmal hat mich niemand gesehen, auch als ich laut um Hilfe gerufen habe“, so der Kamerad von der Freiwilligen Feuerwehr Rothensee. Das sind die Dinge, die die Schiedsrichter in den orangenen Westen genau beobachten und notieren.

„Mit der Übung wollen wir, den Ausbildungsstand überprüfen“, erklärt Pressewart Sven Holste. Schließlich würden sich die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren nicht jeden Tag treffen. Die Zusammenarbeit zwischen den Einsatzkräften aus den unterschiedlichen Wehren sei jedoch „ein wichtiger Baustein für den Einsatzerfolg“.

Mit einer schützenden Fluchthaube vor dem Gesicht bringen die Einsatzkräfte derweil Paul Niemann aus dem verrauchten Schulgebäude. Der Statist ist in Magdeburg Master-Student im Bereich Sicherheit und Gefahrenabwehr. Als die Anfrage kam, ob Studenten bei der Übung helfen würden, erklärt sich Paul Niemann gern bereit.

Alle Verletzten werden zu den Liegen direkt neben dem Spielplatz auf dem Schulhof gebracht. Dort ist der sogenannte Triage-Platz eingerichtet und die Kräfte der Schnelleinsatzgruppe, die am Vormittag auch bei der Übung dabei sind, stehen bereit. Rettungssanitäter untersuchen die Patienten und entscheiden, wer am schnellsten Hilfe braucht.

Zwei Stunden später ist der vermeintliche Brand längst gelöscht, alle Verletzten sind versorgt. Ordnungsbeigeordneter Holger Platz hat den Einsatz auf dem Schulhof verfolgt und macht deutlich: „Magdeburg kann stolz auf die vielen Freiwilligen Wehren in den Ortsteilen sein.“

Wie wichtig die Arbeit der Kameraden sei, hätte sich besonders während des Hochwassers im Jahr 2013 gezeigt. Bei der Stadt Magdeburg wolle man deswegen die Rolle der Freiwilligen Wehren stärken. Geht es nach Holger Platz könnte das in nächstem Katastrophenfall bedeuten, dass einzelne Bereiche in der Verantwortung der ehrenamtlichen Kameraden liegen und diese sich zum Beispiel um die Steuerung auswärtiger Kräfte kümmern.

Dass die Freiwilligen Feuerwehren professionell ihrem ehrenamtlichen Job nachgehen, zeigt das Ergebnis vom Sonnabend. Nach dem ersten Durchgang mit mehr als 50 der Freiwilligen Kameraden heißt es von Übungsleiter Gerald Wiesner (Freiwillige Feuerwehr Südost): „Stellenweise hat es etwas lange gedauert, aber sobald es an die Ausführung ging, war das handwerklich in Ordnung.“

Am Nachmittag kommt es dann noch einmal zu einer Verpuffung im Chemielabor und die restlichen Freiwilligen Wehren werden alarmiert, um für den echten Einsatz zu üben. Eine detaillierte Auswertung soll dann zeigen: Was funktioniert, was muss besser werden?