1. Startseite
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Kommt die Steuersenkung an?

Ausblick Kommt die Steuersenkung an?

Steuerberaterin Doreen Waßmus aus Oschersleben schätzt die Wirkung der Steuersenkung ein.

Von Uta Müller 26.06.2020, 01:01

Oschersleben l Die Umsatzsteuer wird sinken. Ein Schritt, der die Wirtschaft in Deutschland ankurbeln soll und gleichzeitig Konsumenten sowie die Administration zahlreicher Unternehmen vor Fragen stellt. Denn über Nacht stehen zahllose Umstellungen auf dem Plan - beispielsweise müssen Kassen in Läden umprogrammiert oder Verträge, in die die Umsatzsteuer eingerechnet ist, umgeschrieben werden.

„Seit Beginn der Pandemie haben wir einen erheblichen Mehraufwand zu diesem Thema“, sagt Doreen Waßmus. Die Oschersleber Steuerberaterin stellt bei ihren Mandanten eine Verunsicherung fest, was genau diese Umsatzsteuersenkung für den Einzelnen bedeutet. Auch langfristige Verträge, wie beispielsweise Mietverträge, müssen geändert werden. Der Steuerberaterverband hat sich aus diesem Grund hier für eine Billigkeitsregelung eingesetzt.

Die Steuerexpertin hat ihre Mandanten kurz nach der Verkündung der Senkung durch Bundeswirtschaftsminister Olaf Scholz (SPD) informiert. Denn diese Änderung betrifft alle Bürger, da die Steuersenkung für alle Bereiche und Rechtsformen gilt. In ein paar Tagen, genau ab dem 1. Juli, muss der Endabnehmer in einer wirtschaftlichen Leistungskette - drei beziehungsweise zwei Prozent weniger Steuern für sein erworbenes Gut bezahlen.

Handwerker beispielsweise müssen genau im Blick haben, wann sie eine Leistung erbracht haben. Wer im Juni gearbeitet hat und im Juli fertig wird, muss nach dem alten Satz abrechnen. Für Jörg Switala von der Firma PFE ist die Mehrwertsteuer ein Durchlaufposten an den Staat. Der Handwerker sieht sich gut vorbereitet. „Wir rechnen in Netto. Die Systeme werden jetzt einmal umgestellt und den Rest rechnet der Computer automatisch“, sagt Switala. Der Kunde hat in jedem Fall die Garantie drei Prozent weniger Steuern zu zahlen, so der Handwerker. Zu den Aufgaben seines Unternehmens zählen Außen- und Innenputze ssowie Fassadendämmsysteme und Trockenbauarbeiten.

Der Handwerker sieht die Probleme eher im nächsten Jahr, wenn sich die Auswirkungen der Kurzarbeit in seiner Branche bemerkbar machen. Im Moment seien die Aufträge mehr oder weniger vergeben.

Eine Ausnahme gilt für die Gastronomie: Wer beispielsweise am 2. Juli bei seinem Stammitaliener eine Pizza bestellt, bezahlt dafür fünf Prozent Umsatzsteuer. Für den Rotwein dazu 16. Vor Corona waren sowohl für Speisen als auch für Getränke, die der Gast vor Ort verzehrt, 19 Prozent zu entrichten. „Hier bezahlt der Konsument nicht nur für das Lebensmittel an sich, sondern zusätzlich für die Dienstleistungen vor Ort“, erklärt Waßmus. Mit der umfangreicheren Steuersenkung möchte der Staat diese Branche entlasten. Während die Steuersenkung in anderen Bereichen bis zum 31. Dezember befristet ist, gilt für die Gastronomen eine Ausnahmeregelung: Im ersten Halbjahr 2021 sind die im Haus verzehrten Speisen mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belastet, die Getränke mit 19. Zum 1. Juli 2021 normalisiert sich dann der Steuersatz. Das bedeutet: Gleich dreimal müssen Restaurantbesitzer ihre Kassensysteme umstellen, sagt Doreen Waßmus. „Es sind viele Kleinigkeiten zu beachten und ein hoher Verwaltungsaufwand“, macht die Steuerexpertin deutlich. Das sieht auch Jörn Koch von der Gaststätte Flotts Höhe genauso. „Der bürokratische Aufwand ist schon enorm hoch“, sagt der Chefkoch. Die Steuern müssten auf jedes einzelne Lebensmittel angepasst werden. Die Umstellung der Kassen erfolge in seinem Restaurant online über Nacht. Andererseits helfe es ihm und seiner Branche enorm. „Das könnte ruhig so bleiben“, sagt der Restaurantbesitzer. Und die Ermäßigung werde unmittelbar an die Gäste weitergegeben.

Grundsätzlich sei die Senkung ein geeignetes Mittel, um die Konjunktur anzuregen, findet Steuerberaterin Doreen Waßmus. Aber es müsse auch umsetzbar sein und beim Endverbraucher ankommen. Ob das so ist, bleibe abzuwarten.