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Liebhaber-Auto Sportler unter den Strebern: Der Audi RS2

Er war so etwas wie das Enfant terrible - im Tarnkleid. Der RS2 hat sich gegen jede Tugend gesträubt, die man Audi vor 25 Jahren nachsagte. Und dem Kombi hat man das noch nicht einmal angesehen.

Von Thomas Geiger, dpa 31.12.2019, 03:46

Ingolstadt (dpa/tmn) - Audi in den 1990ern: Die wilden Jahre des Quattros sind vorbei. Der Aufstieg in die Oberliga ist geschafft, und die Herren der Ringe verlieren sich in Perfektion und Selbstgefälligkeit.

Denn ihre Autos sind so gut, dass ihnen die Seele abhandenkommt: perfekt, aber ohne Persönlichkeit. Genau wie die Streber in der Schule - erfolgreich, aber selten geliebt.

Doch es gibt eine Ausnahme: den RS2 Avant, der vor über 25 Jahren in den Handel kam, selbst wenn er streng genommen von Porsche kam. Denn was Audi bei der seinerzeit dort bauen ließ, war die pure Provokation und hat mit allen Audi-Regeln gebrochen. Der RS2 war 1994 mit einem Grundpreis von 98 900 D-Mark nicht nur unverschämt teuer, sondern er war auch der bis dahin stärkste Audi.

Konkurrenz für BMW M3 und Porsche 911

Mit dem von 169 kW/230 PS auf 232 kW/315 PS getunten Fünfzylinder des S2 hatte er Konkurrenten wie den BMW M3 oder den Mercedes C 36 AMG überflügelt und sogar den Porsche 911, der nur ein paar Hallen weiter gebaut wurde.

Und als wäre das nicht genug der Provokation, entschied sich Audi nicht für ein Coupé oder eine Limousine. Weil der nur kurz zuvor eingeführte Avant eingeschlagen ist wie eine Bombe und den größten Anteil am Verkauf des Audi 80 hatte, wurde der RS2 zum ersten Kombi unter den Kraftmeiern. Viel biederer kann man einen Brandstifter kaum tarnen.

Größerer Turbo und schärferes Set-up

Von Audi entschieden, aber von Porsche auf Basis des S2 weiterentwickelt und in der gleichen Fabrik gebaut, in der zuvor der Überflieger 959 und der Mercedes 500E montiert wurden, war der RS2 in jeder Disziplin nachgeschärft worden. Der 2,2 Liter große Fünfzylinder bekam einen größeren Turbo und ein schärferes Set-up. Es gab ein überarbeitetes Fahrwerk sowie Räder und Bremsen aus dem Lieferprogramm des 911 und auch ein paar Anbauteile aus dem Porsche-Regal. Dazu noch das Nogaroblau aus der Porsche-Palette.

Die Fahrleistungen waren damals unerreicht. 5,8 Sekunden von 0 auf Tempo 100 und maximal 262 km/h - davon konnte man im Audi 80 nicht einmal träumen. Doch als RS2 fuhr der Spießer plötzlich gegen Sportwagen wie den Porsche 911 - und war dabei dank Rückbank und Kofferraum auch noch praktisch und je nach Temperament des Fahrers sogar familientauglich.

Brandstifter als Erfolgsschlager

Kein Wunder, dass der RS2 bei der Kundschaft bestens ankam. So gut, dass Audi die Planung aufstocken musste und binnen zwei Jahren bis zum Generationswechsel nicht die angekündigten 2000, sondern rund 2900 Exemplare verkauft hat, berichtet Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Car Analytics. Der Erfolg hat bei Audi Lust auf mehr gemacht, und der RS2 wurde zur Keimzelle zahlreicher weiterer RS-Modelle, die heute vom kompakten A3 bis zum großen Geländewagen Q8 zu den allermeisten Baureihen zählen.

Wer einmal hinter das Steuer eines RS2 kommt, kann das gut verstehen. Natürlich sind die Fahrleistung ein Vierteljahrhundert später nur noch halb so spektakulär. Doch dafür macht eine Fahrt mit dem RS2 doppelt so viel Spaß. Auch weil der Fünfzylinder einen unerreichten Klang hat und wenn er mal warm gefahren ist, noch immer kraftvoll zubeißen kann.

56.000 Euro sind heute für ein Exemplar einzukalkulieren

"Die meisten RS2 blieben stets in liebevoller Sammlerhand, so dass es kaum runtergerittene Exemplare gibt." Entsprechend solide sei die Preisentwicklung: Während ein RS2 im Zustand 2 vor zehn Jahren noch für 18.000 Euro zu haben gewesen sei, müsse man heute mit 56 000 Euro kalkulieren und damit mehr bezahlen als seinerzeit für einen Neuwagen.

Thomas Geiger
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dpa-tmn
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Audi AG
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