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Banken sind vorsichtig Baukredit in unsicheren Zeiten: Sind Zins und Tilgung alles?

Normalerweise achtet jeder Kreditnehmer auf niedrige Zinsen. In der aktuellen Situation sind sie jedoch nur ein Aspekt, den angehende Immobilienbesitzer berücksichtigen sollten.

Von Monika Hillemacher, dpa 13.12.2020, 23:01
Christin Klose
Christin Klose dpa-tmn

Berlin/Hamburg (dpa/tmn) - Strauchelnde Unternehmen, Kurzarbeit, weniger Lohn und Gehalt. Seit dem Corona-bedingten Lockdown stehen viele Menschen vor der Frage, ob sie sich den Traum von den eigenen vier Wänden überhaupt noch leisten können.

Klar ist: Aktuell zählt nicht allein die Höhe der Baukreditzinsen.

"Derzeit sind Entscheidungen häufig psychologisch bestimmt", sagt Christian Huttenloher vom ifs Institut für Wohneigentum aus Berlin, das von mehreren Bau- und Immobilienverbänden getragen wird. In Anbetracht der unübersichtlichen, schwer einschätzbaren Lage sei ein vorsichtiges "auf Sicht fahren" nicht verkehrt.

Deshalb hält Huttenloher momentan einen um ein paar Zehntel höher oder tiefer ausfallenden Basiszins kaum für das entscheidende Kriterium, bei Haus oder Wohnung zuzugreifen. Für den Experten zählt auch ein stabiler Arbeitsplatz mit sicherem Einkommen, zum Beispiel im öffentlichen Dienst oder in der IT-Branche.

Prüfung ist einzelfallabhängig

Banken agieren derzeit bei Krediten mitunter zurückhaltend und verschärfen nach Beobachtungen der Bundesbank die Vergaberichtlinien. Bezieher von Kurzarbeitergeld können es deswegen zum Beispiel schwerer haben, an Geld zu kommen.

"Grundsätzlich ist die Prüfung einzelfallabhängig", hat Finanzierungsberater Christoph Santel aus Bielefeld beobachtet. Während das eine Institut die Finanzierung rundweg ablehne, betrachte das nächste die langfristige Einkommensentwicklung. Ein drittes fordere einen zweiten Darlehensnehmer mit regulärem Gehalt sowie eine trotz Kurzarbeitergeld positive Haushaltskasse.

Preisniveau nach wie vor stabil

Verkaufswillige Eigentümer müssen nach Meinung des Instituts der deutschen für Wirtschaft (IW) in Köln trotz Corona keine großen Wertverluste fürchten. Aus Sicht von Kaufinteressenten wäre dies wegen des nach wie vor hohen Preisniveaus eine schlechte Nachricht - auf Schnäppchen spekulieren brächte ihnen wenig.

An der Stelle lohnt ein Blick auf Zinsen und Tilgung. Die Zinsen sind seit längerem niedrig, einige Finanzierer verlangen für Wohndarlehen weniger als ein Prozent. Eine Stellschraube für Kreditnehmer ist die Laufzeit des Darlehens. "Je länger die Laufzeit, desto höher der Zins", erläutert Alexander Krolzig von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wer sich die günstigen Zinssätze über 20 oder gar 30 Jahre sichern will, zahlt also einen Aufschlag.

Mehr in die Tilgung stecken

Ewig lange Laufzeiten wertet der Verbraucherschützer als Zeichen "extremer Absicherung und Unsicherheit" seitens angehender Bauherren. Er rät ab davon. Erstens, weil das Geld für den Aufpreis besser in die Rückzahlung investiert werde. Und zweitens, weil gerade wegen der niedrigen Zinsen möglichst viel getilgt werden sollte: "Mindestens zwei, besser drei Prozent, denn bei ein Prozent Tilgung hätten wir jetzt mehr als 60 Jahre Laufzeit". Das ist unrealistisch.

Ohnehin gebe es wenige Anbieter solcher Verträge. "Die meisten Banken bevorzugen 10 bis 15 Jahre, Versicherer gehen auch auf 30 bis 40 Jahre." Krolzig empfiehlt einen Vertrag über 15 Jahre abzuschließen. Wer früher fertig werden will, kann den Kredit nach Ablauf von 10 Jahren kündigen - so geregelt in Paragraf 489 BGB.

Krolzig tendiert zu einer Tilgung von mindestens drei Prozent, um die Restschuld bei Auslaufen der Finanzierung möglichst tief zu drücken. Ansonsten könnten Verbrauchern Zahlungsschwierigkeiten drohen.

Immer flexibel bleiben

Um Luft zu haben, sollten Bauherren und Käufer eine monatliche Mindestrate festlegen. Diese bleibt über die gesamte Kreditzeit konstant. Der angehende Immobilienbesitzer weiß dann, was er in guten wie in schlechten Zeiten zu zahlen hat und kann sich darauf einstellen. ifs-Mann Christian Huttenloher plädiert ebenfalls für Annuitätendarlehen.

Darüber hinaus gibt es andere Lösungen, um auf Krisensituationen flexibel zu reagieren. Dazu gehören Tilgungsaussetzungen und Tilgungssatzwechsel. Bei dem einen wird die monatliche Rate ausgesetzt, der Zins aber weitergezahlt. Bei der anderen Option kann die Tilgung je nach Bedarf rauf oder runter gesetzt werden. "Das ist ein gutes Instrument. Ich muss es nur nutzen", mahnt Krolzig.

© dpa-infocom, dpa:201210-99-641372/5

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