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Nicht mitreißen lassen - Strategie für die Immobilienauktion

Die Not der einen, kann das Glück der anderen sein: Bei Zwangsversteigerungen von Immobilien lassen sich Schnäppchen machen. Doch eigentlich sollte man keine Immobilie kaufen, die man vorher nicht besichtigt hat - und genau das kann hier der Fall sein.

Von Katja Fischer, dpa 07.12.2015, 04:00

Berlin (dpa/tmn) - Immobilienauktionen sind keine Schnäppchenbörsen. Zwar lassen sich mitunter günstige Preise erzielen, es lauern aber auch Unwägbarkeiten, die richtig teuer werden können. Wer auf einer Zwangsversteigerung mitbieten will, sollte sich deshalb gut vorbereiten.

Auf den Homepages der Amtsgerichte, aber auch in Amtsblättern und auf einschlägigen Internetportalen kann man sich über anstehende Auktionen informieren. Das erklärt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund in Berlin. Neben der Beschreibung des Objekts und dem Verkehrswert enthält das Angebot in der Regel ein Wertgutachten. Oft sind Fotos und Grundrisse dabei, aber auch eine Beschreibung des Zustandes sowie Angaben darüber, welche vorrangigen Rechte auf der Immobilie liegen. Letztere sind besonders wichtig, denn Baulasten oder Hypotheken können den Wert entscheidend beeinflussen, sagt Happ.

Liegt zum Beispiel ein Wohnrecht auf dem Grundstück, kann der Käufer selbst nicht dort einziehen. Oder es besteht ein Wegerecht. Dann muss er damit rechnen, dass Fremde das Grundstück zum Durchgang oder zur Durchfahrt nutzen. In solchen Fällen ist die Immobilie weit weniger wert als ohne diese Baulasten. Wer das Haus später umbauen oder sogar abreißen möchte, etwa weil er nur am Grundstück interessiert ist, muss im Vorfeld abklären, was er auf dem Grund und Boden bauen darf.

Ohne eine Besichtigung von außen und innen sollte eigentlich niemand ein Haus kaufen. Doch gerade das kann bei einer Zwangsversteigerung zum Problem werden. Denn die aktuellen Hausbesitzer haben nicht selten dramatische Kämpfe um ihre Immobilie hinter sich. Viele verweigern Interessenten den Zugang zu ihrem Grundstück oder gar in ihr Haus. Das ist ihr gutes Recht. Um dennoch an möglichst viele Informationen zu kommen, muss man ein wenig erfinderisch sein, sagt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. So kann ein Gespräch mit den Nachbarn schon viel bringen. Die sind daran interessiert, einen neuen Nachbarn zu bekommen, der sich gut um das Grundstück kümmert und geben meist gern Auskunft.

Wer ernsthaft an der Immobilie interessiert ist und keinen Zugang bekommt, ist gut beraten, mit einem unabhängigen Bausachverständigen auf Besichtigungstour zu gehen. Der weiß aus Erfahrung, mit welchen typischen Schäden er bei Immobilien aus verschiedenen Bauepochen rechnen muss. Er kann abschätzen, was die Sanierung in etwa kosten wird - oft schon von außen. Es lassen sich Lage, Alter, Baustil und teils auch der Sanierungszustand erkennen, etwa anhand von Kleinigkeiten wie verrotteten Hölzern, lockeren Ziegeln oder feuchten Stellen.

Bei der Versteigerung von Eigentumswohnungen sind noch einige zusätzliche Dinge zu beachten - vor allem, wenn sie Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) sind. Mit dem Erwerb des Wohnungseigentums übernimmt der neue Eigentümer alle Rechte und Pflichten des Vorgängers, betont Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin des Vereins Wohnen im Eigentum in Bonn.

Deshalb ist Einsicht in die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung unerlässlich. Das ist quasi die Verfassung der Eigentümergemeinschaft. Außerdem rät Heinrich, sich unbedingt die Beschluss-Sammlung der Eigentümerversammlung anzusehen. Denn an die Beschlüsse sind auch die neuen Eigentümer gebunden. In diesen Unterlagen finden sich grundlegende Informationen zum Kostenverteilungsschlüssel oder Verpflichtungen zur Sanierung des Gebäudes.

Ein Blick in die letzte Jahresabrechnung der WEG gibt Aufschluss über Rückstände beim Hausgeld und andere finanzielle Verpflichtungen des alten Eigentümers. Ebenfalls in der Jahresabrechnung ist ausgewiesen, ob die WEG eine ausreichende Instandhaltungsrückstellung hat, die zur Finanzierung von Modernisierungen und Sanierungen gebildet werden muss. Ist diese zu gering, können im Fall von umfangreichen Instandsetzungs- oder Sanierungsmaßnahmen Sonderumlagen fällig werden, also zusätzliche Zahlungen.

Sind alle Unterlagen gecheckt und das Interesse an der Immobilie immer noch groß, muss der Interessent vor der Auktion die Finanzierung klären. Man sollte schon wissen, wie man Haus, Grundstück oder Wohnung bezahlt, falls man den Zuschlag bekommt, betont Happ. Daran sollte man sich bei der Auktion unbedingt halten und nicht im Eifer des Gefechts über seine Verhältnisse bieten. Sonst wird die Finanzierung am Ende schwierig.

Zehn Prozent des Verkehrswertes muss jeder Interessent zumeist schon allein dafür aufbringen, überhaupt mitbieten zu dürfen. Diese Summe ist beim Amtsgericht zu hinterlegen - nicht bar, sondern als Verrechnungsscheck, Bankbürgschaft oder Überweisung. Zur Beruhigung: Alle, die den Zuschlag nicht erhalten, bekommen ihr Geld zurück.

Zuschlag erhalten - So geht's weiter

Bekommt der Interessent bei der Versteigerung den Zuschlag, wird das Geld fällig und muss bis zur Zahlung, die innerhalb weniger Wochen zu erfolgen hat, verzinst werden. Je schneller das Geld fließt, umso niedriger sind die Zinsen. Schon deshalb lohnt es sich, die Finanzierung frühzeitig zu klären, betont der Verband Privater Bauherren. Außerdem muss der erfolgreiche Bieter die Gerichtskosten für die Erteilung des Zuschlags zahlen, ferner die Eintragung ins Grundbuch und die Grunderwerbsteuer. Notariatsgebühren fallen nicht an, denn das Amtsgericht erledigt alle Formalitäten zur Eigentumsübertragung.