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Zu viel des Guten? Wasser an der richtigen Stelle sparen

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint: Wer zu viel Wasser im Haushalt spart, tut nicht unbedingt viel für die Umwelt. Die Wasserwirtschaft muss schlecht durchflutete Rohre spülen, damit sie nicht verstopfen. Wo ist das Wassersparen in Deutschland dann noch sinnvoll?

Von Katja Fischer, dpa 05.07.2018, 09:14
Martin Weyand ist Hauptgeschäftsführer für den Bereich Wasser/Abwasser des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft in Berlin. Foto: 
Farys/BDEW
Martin Weyand ist Hauptgeschäftsführer für den Bereich Wasser/Abwasser des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft in Berlin. Foto:  Farys/BDEW BDEW

Berlin (dpa/tmn) - In diesem sonnenreichen Sommer mit wenig Regen in manchen Regionen ist das Thema wieder aktuell: Wasser sparen. Das geht nicht nur beim Gießen im Garten, sondern auch im Haushalt.

Der Umwelt zuliebe sollte man es nicht verschwenden, gilt als der übliche Rat. Allerdings gibt es eine Kehrseite des übermäßigen Sparens. Die Wasserwirtschaft muss schon extra Wasser in die Kanäle pumpen, um diese zu schützen. Was ist die Lösung?

DAS ZIEL: WASSER SPARSAM NUTZEN

Wasser zu sparen, dient der Umwelt. Daher bejaht Laura von Vittorelli die Frage, ob Verbraucher weiterhin sparsame Duschköpfe einbauen, Eco-Programme in Wasch- und Spülmaschine verwenden und beim Zähneputzen zwischendurch den Wasserhahn zudrehen sollten. Sie ist Gewässerexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Berlin. "Es sollte eine Grundhaltung bleiben, sparsam mit dem Wasser umzugehen." Dazu kommt, dass sich das auszahlt: Wer weniger Wasser verbraucht, spart.

Ähnlich sieht das Dietmar Sperfeld, Fachreferent der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung in Darmstadt. "Ja, Sparen macht Sinn, wenn es um teures, mit hohem Energieeinsatz aufbereitetes Trinkwasser geht. Der Wasserhunger in Städten und Ballungsräumen nimmt stetig zu mit katastrophalen Folgen für das Umland, dem das Wasser entzogen wird." In Deutschland gebe es regional starke Schwankungen des Wasserangebots, bedingt durch den Klimawandel seien zusätzlich neue Herausforderungen zu erwarten.

Die zunehmende Trockenheit und vor allem Starkregen bringen das konventionelle System schnell an seine Grenzen. Oberflächlich abfließendes Regenwasser sorgt nicht dafür, dass die bereits abgesunkenen Grundwasserleiter aufgefüllt werden.

DAS PROBLEM: ZU VIEL SPAREN SETZT DER INFRASTRUKTUR ZU

In Deutschland wird immer weniger Wasser verbraucht. Waren es 1990 im Bundesdurchschnitt noch 147 Liter pro Einwohner und Tag, sind es nun nur noch 123 Liter. "In den neuen Bundesländern liegt der Verbrauch sogar unter 80 Liter pro Einwohner und Tag", sagt Martin Weyand vom Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft in Berlin.

Das ist inzwischen so wenig, dass durchaus schon mal zu wenig Abwasser in die Kanäle gelangt. "Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, dass das Wasser zu langsam fließt oder sogar zum Stillstand kommt", erklärt Weyand. "Das kann zu Verkeimungen und sogar zu Kanalfraß führen, wenn Säuren und Dämpfe den Beton angreifen." Um das zu verhindern, müssen die Wasserbetriebe ihre Abwasserkanäle spülen. Und die Kosten dafür werden auf die Kunden umgelegt.

"Auch aus hygienischer Sicht macht allzu ambitioniertes Wassersparen wenig Sinn", meint Weyand. Die Industrie entwickelt immer sparsamere Hausgeräte und Armaturen. "Auch hier ist irgendwann eine Grenze erreicht", so Weyand. "Dann reicht das wenige Wasser nicht mehr aus, um die Wäsche vollständig zu spülen. Und beim Duschen mit dem super zerstäubten sparsamen Wasserstrahl können sich Krankheitserreger ausbreiten."

Das Fazit des Branchenvertreters: In Deutschland werden nur 2,7 Prozent der Wasserressourcen für die öffentliche Versorgung eingesetzt. "Die Gefahr, dass wir diese Quellen übernutzen, besteht nicht", versichert Weyand. "Das Wasser, das gebraucht wird, gelangt in den Kreislauf zurück. Wir haben genügend davon, und niemand muss auf etwas verzichten."

DIE LÖSUNG: WASSER SPAREN AN RICHTIGER STELLE

"Statt auch noch den letzten Liter einzusparen, sollten die Menschen ihren Lebensstil überdenken", rät BUND-Expertin Laura von Vittorelli. "Der tropfende Wasserhahn in der Küche ist weniger das Problem als das Baumwoll-T-Shirt, das in wasserarmen Ländern produziert wird. Oder weit gereiste Früchte wie die Avocado, für deren Anbau Unmengen an Wasser benötigt werden." Damit wird jenen Regionen der Erde, die echte Wassernot haben, diese Ressource noch mehr entzogen. "Verbraucher können ihren Wasserfußabdruck entscheidend reduzieren, wenn sie ihre Lebensmittel ökologisch, regional und saisonal einkaufen und beispielsweise bei Kleidung gezielt im Second-Hand-Bereich suchen."

Zu Hause gehört für die Umweltschützerin zum Wassersparen, den Verbrauch von warmem Wasser zu verringern, denn darin steckt noch zusätzlich erzeugte Energie. Und es macht Sinn, getrennte Wasserwege für Trinkwasser und Brauchwasser zu nutzen. "Zum Gießen des Gartens ist das Regenwasser die bessere Wahl als Trinkwasser", so von Vittorelli.

Auch Sperfeld von der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung plädiert dafür, das Regenwasser stärker in den Versorgungskreislauf einzubinden. Verbraucher können zum Beispiel Regenspeicher anlegen, die das Niederschlagswasser auf dem Grundstück auffangen. Es sei als zusätzliche Wasserquelle zu verstehen für alle Anwendungen, die keinen Trinkwasser-Standard benötigen. "Es ist unsinnig, Trinkwasser in Lebensmittelqualität durch die Toiletten zu spülen."

Wie viel Wasser soll man im Alltag sparen - und wann wird es zu viel für die Infrastruktur? Foto: Franziska Gabbert
Wie viel Wasser soll man im Alltag sparen - und wann wird es zu viel für die Infrastruktur? Foto: Franziska Gabbert
dpa-tmn