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Ruf des Umlands Städter fliehen vor Mieten-Explosion

Viele junge Familien wollen heute in den Innenstädten leben. Das berichten Experten seit Jahren. Doch Viele können sich das inzwischen nicht mehr leisten. Da bleibt nur noch eine Möglichkeit.

Von Burkhard Fraune, dpa 20.02.2019, 08:51

Berlin (dpa) - Hohe Wohnkosten in den Innenstädten treiben immer mehr Mieter und Käufer ins Umland der großen Städte. Es gebe Hinweise auf eine Trendwende, sagte die Ökonomin Carolin Wandzik.

"Aufgrund der steigenden Preise in den Zentren ist die Abwanderung ins Umland wieder deutlich gestiegen". Vor allem junge Familien und Berufsanfänger zieht es wieder ins Umland und die Vorstädte, wie aus dem neuen Gutachten des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA) hervorgeht. Denn in vielen Großstädten steigen die Mieten und Kaufpreise ungebremst weiter.

Wer im Herbst 2018 umgezogen ist, muss für die neue Wohnung im bundesweiten Mittel monatlich 7,06 Euro kalt pro Quadratmeter ausgeben, 3,9 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Angebotsmieten sind damit etwas stärker gestiegen als im Jahr zuvor. Die Spanne ist aber groß. Sie reicht von 4,54 Euro im Kreis Höxter bis 16,54 Euro in München. Das Gutachten sagt weiter steigende Mieten und Kaufpreise voraus, zunehmend auch im Umland der Großstädte.

Die Fachleute sehen immer mehr übertriebene Preise, vor allem in den sieben größten Städten und ihrem Umland, aber auch in einer Reihe weiterer Städte. "Wir beobachten diese Entwicklung mit ganz viel Argwohn", sagte der Ökonom Lars Feld bei der Vorstellung des Gutachtens.

Er sieht aber keine Hinweise auf das, was die Experten eine Immobilienblase nennen. Platzt eine solche Blase - etwa weil die Zinsen plötzlich steigen - brechen die Preise zusammen. Feld sagte, die Käufer finanzierten ihre Häuser und Wohnungen weiterhin recht konservativ.

Mieten und Kaufpreise steigen seit Jahren, weil immer mehr Menschen in die Städte ziehen, die Haushalte kleiner werden und das Angebot knapp ist. Aus Sicht der Immobilienbranche, deren Spitzenverband der ZIA ist, befeuert auch die Bundesregierung den Preisanstieg.

Das neue Baukindergeld schlage der Verkäufer in vielen Fällen auf den Verkaufspreis auf, hieß es. Den Zuschuss erhielten zudem vor allem jene Familien, die ihn eigentlich nicht nötig hätten. Beim Baukindergeld gibt es über zehn Jahre insgesamt 12.000 Euro pro Kind, knapp 70.000 Förderzusagen wurden schon erteilt. Sowohl FDP als auch Linke machten am Dienstag deutlich, dies sei rausgeworfenes Geld.

Preistreibend wird aus Sicht der Immobilienbranche auch ein vom Bundestag beschlossener befristeter Steuerbonus für den Mietwohnungsbau wirken. Zudem bringe es wenig, wenn Städte wie Berlin Wohnungen im großen Stil kauften - "außer dass man die Steuerkasse plündert", wie Verbandspräsident Andreas Mattner sagte.

Er wiederholte das Mantra der Branche: "Wegen der hohen Nachfrage müssen wir bauen, bauen, bauen." Dafür brauche es dauerhafte Steuererleichterungen sowie schnellere Planung und Genehmigungen. Ein Steuerbonus für energetische Sanierungen könnte 2020 kommen, deutete der Parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium, Marco Wanderwitz, an.

Der CDU-Politiker regte an, mehr öffentliche Arbeitsplätze in ländliche Regionen zu verlagern - so dass die Menschen folgen und verödende Orte beleben. Das sei ein Teil der Lösung für den Wohnungsmangel in den Städten.

Denn nicht überall sind die realen Mieten gestiegen, auch in einer Reihe von Großstädten nicht, wie Harald Simons, Vorstand beim Forschungsinstitut Empirica, sagte. Darunter seien die "altindustriellen Städte" in Nordrhein-Westfalen, etwa Oberhausen und Bottrop, aber auch Chemnitz und Halle. Dort gebe es noch Chancen für Investoren - aber auch für Mieter. "Da muss ich nicht mit 200 Leuten in der Schlange stehen, sondern da stehen 30 Vermieter und bieten mir eine Wohnung an."

Presse ZIA

DIW zum Baukindergeld