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Start-ups sind Lichtblicke: Aber keine Gründerwelle in Sicht

03.02.2015, 09:20

München (dpa) - Frische Ideen für die deutsche Wirtschaft - die Start-up-Szene in Deutschland ist nach einer Eiszeit wieder aufgelebt. Von einem Gründer-Boom kann aber weiter keine Rede sein. Wie passt das zusammen?

Sie bringen Schwung in die deutsche Unternehmenslandschaft - aber bisher nur ein bisschen Schwung: Findige Jungunternehmer setzen mit ihren Geschäftsideen auf Trends wie Onlinehandel und Smartphone-Spiele und lassen die Start-up-Szene in Städten wie Berlin, Hamburg und München aufblühen. Doch für eine breite Gründerwelle reicht das noch nicht - im Gegenteil: Im vergangenen Jahr wurden nach ersten Schätzungen des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung wieder weniger Firmen in Deutschland aus der Taufe gehoben - die Gründerflaute ist also noch nicht zu Ende.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Mangelnder Unternehmergeist und fehlender Mut, mit einer Idee auch mal auf die Nase zu fallen, steuerrechtliche Hürden, aber auch die anhaltend gute Lage am Arbeitsmarkt - das alles sorgt für wenig Lust, aber auch für wenig Druck, sich in die berufliche Unabhängigkeit zu begeben.

Weil Fachkräfte ohnehin rar sind, werden gute Schul- und Hochschulabsolventen schon früh von der Wirtschaft umworben und brauchen sich oftmals keine Gedanken über ein eigenes Unternehmen zu machen. Und wer einen Job hat in einer zukunftsträchtigen Branche, der hat beim Chef gute Karten, wenn er mehr Gehalt oder familienfreundlichere Arbeitszeiten aushandeln möchte, sagt Marc Evers vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag.

Andreas Bruckschlögl ließ sich davon nicht abhalten: Vor zweieinhalb Jahren gründete er zusammen mit drei Mitstreitern die Firma OnPage.org. Diese entwickelt eine Analyse-Software, die Internetauftritte oder Online-Shops auf Fehlerquellen und Optimierungspotenziale durchsucht und mittlerweile knapp 30 Mitarbeiter zählt. Unternehmergeist hat der 25-Jährige schon als Schüler bewiesen, als er übers Internet Rucksäcke für das Geschäft seiner Mutter verkaufte.

Später wollte sich Bruckschlögl dann gar nicht lange mit einem Studium aufhalten: "Ich habe für mich persönlich in der Theorie keinen Mehrwert gesehen, ich wollte selbst etwas bewegen", sagt der Gründer, der sich auch bei Politikern und Managern für die Interessen der Start-up-Szene einsetzt. Er sieht zwar positiv, dass viele Firmen der "Old Economy" wie Bosch oder Siemens mittlerweile Start-up-Programme auflegen - trotzdem komme Deutschland längst noch nicht schnell genug voran, um vor allem mit den USA Schritt halten zu können, mahnt Bruckschlögl.

Dabei gibt es viele Chancen für innovative, junge Unternehmen. Der Online-Handel etwa dürfte ein Wachstumsmarkt bleiben, erwartet Start-up-Experte Alexander Hüsing. Aber auch elektronische Lösungen für Gesundheits- und Finanzdienstleistungen oder Energieeffizienz gelten als gefragt. Für die Szene insgesamt prognostiziert Hüsing ein langsames, aber stetiges Wachstum in den kommenden Jahren. "Dabei wird es viel mehr Start-ups geben, die sich von vornherein international aufstellen", sagt der Experte.

Das Risikokapital dafür fließt inzwischen munterer. "Die Finanzierungsbedingungen für Start-ups haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert", sagt Hüsing. "Es gibt mehr ausländische Kapitalgeber, die in deutsche Start-ups investieren, und es gibt auch mehr Geld für Start-ups, die schon älter sind und dann meist größere Summen, meist zweistellige Millionenbeträge, benötigen."

Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch eine kürzlich veröffentlichte Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young: Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl der Risikokapital-Investitionen in junge Technologie-Firmen in Deutschland demnach fast verdoppelt, und Berlin ist nach London europaweit zum wichtigsten Standort für die digitale Gründerszene und ihre Geldgeber geworden.

Auch DIHK-Experte Evers spricht angesichts dieser Entwicklungen von Lichtblicken. So ließen sich bei den Industrie- und Handelskammern im vergangenen Jahr rund 1000 potenzielle Gründer von IT-Start-ups beraten - doppelt so viele, wie noch 2006. Trotzdem seien nur etwa acht Prozent aller Gründungen technologisch innovativ, sagt Evers. "Das bedeutet Rang 14 in der Welt - damit können wir nicht zufrieden sein." Bei vielen jungen Leuten hapere es zudem schon am ökonomischen Basiswissen, dies sei aber eine wichtige Voraussetzung für eine eigene Firma. "Das Unternehmertum muss noch eine viel größere Rolle im Bildungssystem spielen", fordert Evers deshalb.