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Alles eine Typ-Frage? Lernen erfordert die richtige Strategie

Der eine lernt am besten, wenn er den Stoff sieht. Ein anderer, wenn er ihn hört. Das ist die Idee hinter der Einteilung in verschiedene Lerntypen. Forscher kritisieren das Konzept. Denn beim Lernen geht es um mehr als nur um Informationsaufnahme.

Von Tom Nebe, dpa 29.05.2017, 03:22

Berlin (dpa/tmn) - Auditiv oder visuell, kommunikativ oder doch eher motorisch? Wie man lernt, ist eine Frage des Typs. So steht es zumindest in vielen Ratgeberbüchern.

Hören, sehen, sprechen oder ausprobieren: Das seien die vier Lerntypen, die meist kursieren, sagt Reiner Laue, der die Zentrale Studienberatung der Universität Stuttgart leitet.

Der visuelle Typ profitiert eher von Grafiken oder Bildern. Der auditive Typ kommt am besten klar, wenn er den Lernstoff hört. Für den kommunikativen Typ ist Reden die effektivste Methode. Was macht der Motoriker? Klar: "Learning by doing", er probiert gerne aus. Soweit also die Theorie. "In der Praxis macht es eher die Mischung", sagt Laue. Aber was ist die Einteilung in Lerntypen dann wert?

Der eine lernt besser, wenn er etwas hört. Der andere, wenn er es liest. Den Reiz solcher Konzepte versteht Prof. Nicole Vidal. "Sie sind schön griffig." Doch das Urteil der Erziehungswissenschaftlerin, die an der Pädagogischen Hochschule Freiburg lehrt und forscht, fällt eindeutig aus: "Populär, aber unwissenschaftlich" seien diese Einteilungen. Die Zuordnung von Lerntypen ist sehr umstritten, sagt auch Psychologe Björn Kröske von der Berliner Humboldt-Universität.

Welcher Lerntyp bin ich? Im Internet oder Ratgeberbüchern gibt es zahlreiche Tests, die diese Frage beantworten wollen. Vidals Urteil ist eindeutig: "Sie genügen keinem Kriterium, das an Testpsychologie gestellt wird." Laut Studienberater Laue können sie zumindest einen ersten Eindruck darüber geben, wie man am besten lernt.

Bei Lerntypen wird die Art der Informationsaufnahme gerne mit Verarbeiten gleichgesetzt. "Dadurch wird suggeriert, dass es den einen goldenen Weg gibt", sagt Psychologe Kröske. Den gibt es aber nicht: Eine Einteilung in Hör-Lerner oder Seh-Lerner ist zu allgemein gedacht.

Ausprobieren lautet dabei die Devise. Laue ermuntert, verschiedene Lernformen zu testen. Zum Beispiel: Die Lerninhalte einsprechen und sich die Aufnahmen anhören. Dabei werden die Informationen gleich auf mehreren Ebenen verarbeitet. Oder: Fakten handschriftlich zu notieren, anstatt sie auf dem Computer einzutippen.

Auch das Lernziel spielt eine Rolle - und das Vorwissen zu einem Thema. Kröske erläutert es an einem Beispiel: Bekommt ein Laie in einem Gespräch die Funktionsweise eines Automotors erklärt, wird es sich kaum etwas merken können. Ihm fehlen Anknüpfungspunkte im Gedächtnis. Eine Zeichnung wäre hier hilfreicher, um Zusammenhänge zu verstehen.

Entscheidender noch als die Präsentationsform ist aber die aktive Auseinandersetzung mit dem Stoff. Laue plädiert für Lerngruppen. Wer über Lerninhalte redet, verarbeitet sie tiefer - und kann sie in der Klausur besser abrufen.

Die wenigsten Informationen merken sich Menschen beim ersten Mal. Wiederholung ist eine so triviale wie einleuchtende Lernstrategie. Vidal rät, Lernstoff zeitnah zu rekapitulieren. Vorlesungsnotizen zum Beispiel sollten Studierende nicht Wochen lang liegen lassen, sondern schon ein bis zwei Tage danach überarbeiten.

Erreichbare Ziele helfen ebenfalls beim Lernen. Die sollten konkret sein. Laue nennt ein Beispiel: "Von den ersten drei Seiten in meinen Notizen will ich das Wesentliche verstanden haben." Das sorgt für ein Erfolgserlebnis, wenn das gelungen ist. Wer dagegen ohne Ziel gelernt hat, bleibe oft mit einem diffusen Gefühl zurück, sagt Laue. Das lasse die Motivation sinken.