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Deal am letzten Loch? Was Golf mit dem Job zu tun hat

Chefärzte und Anwälte spielen Golf, Top-Manager und Geschäftsführer ebenfalls. Klar, dass dann zwischen Driving Range und Clubhaus auch schnell der nächste Deal eingefädelt wird. Oder? Eher nicht, sagen Experten. Und doch hat Golf durchaus etwas mit der Karriere zu tun.

18.04.2018, 08:18

Hamburg (dpa/tmn) - Marion Klimmer spielt viel Golf, sehr viel Golf. Oft mehrere Stunden am Tag, bis zu fünf Tage die Woche, seit elf Jahren. Geschäfte hat sie auf dem Platz aber noch nie gemacht - obwohl sie als selbstständiger Mental-Coach eigentlich ideale Voraussetzungen dafür mitbringt.

"Ein Networking-Sport ist Golf jetzt nicht mehr unbedingt", sagt Marion Klimmer. Wer Kontakte knüpfen und Deals einfädeln will, sei bei klassischen Events zum Netzwerken besser aufgehoben. Und doch kann Golf nicht nur Spaß machen und fit halten, sondern auch beruflich nützlich sein. "Golf ist sehr gut dafür, Kollegen oder Geschäftspartner besser kennenzulernen", sagt Klimmer. Der Grund dafür: "Wir sind auf dem Golfplatz so, wie wir auch im wahren Leben sind – mit all unseren Charakterstärken und -schwächen." Mit dem Unterschied, dass diese Stärken und Schwächen beim Golf eher zur Geltung kommen als bei anderen Sportarten und Freizeitaktivitäten.

"Weil es so extrem auf die Feinmotorik ankommt", erklärt Klimmer das. Etwas zu viel Druck am Schläger, eine etwas andere Fußstellung, ein minimal unsauberer Schwung - und schon landet der Ball überall, nur nicht wo er hin sollte. Oft genug fangen diese kleinen Fehler im Kopf an. "Unser Denken wirkt sich auf unsere Emotionen aus, und das führt dann wiederum zu physischen Körperreaktionen", erklärt Klimmer.

So verrät der Golfschlag unter anderem, wie jemand mit Stress und Druck umgeht. Denn davon gibt es im Golf genug - gerade weil der Sport so viele Pausen hat. "Das sind also Zeiten, in denen sich Druck aufbauen kann, mit dem ich dann umgehen muss", sagt Klimmer. "Das ist anders als bei anderen Sportarten, wo man nur reagiert und rennt und gar keine Zeit hat, sich Gedanken zu machen."

Hinzu kommt, dass eine komplette Partie Golf sehr lange dauert. Spätestens nach der Hälfte der Löcher bröckelt da jede Fassade. "Niemand kann sich vier bis fünf Stunden lang von seiner besten Seite zeigen", sagt Klimmer. Stattdessen kommt die ungeschminkte Wahrheit ans Licht: Wer kann nicht verlieren oder - oft noch schlimmer - nicht gewinnen? Wer ist Choleriker, wer eher Prahlhans? Wer reagiert in Ausnahmesituationen kopflos, wer trifft gerade unter Druck kluge Entscheidungen? Und wie genau nimmt es jemand mit der Fairness?

Denn Golf ist immer auch Charakterfrage, sagt die Expertin. Weil niemand je wirklich das Optimum herausholt: "Man sagt beim Golf "Kein Schlag ist perfekt" – selbst die Profis sehen das so." Wer genau hinsieht, lernt deshalb bei jeder Partie, wie der Partner mit kleinen und großen Rückschlägen umgeht.

Aber kann man daraus tatsächlich Rückschlüsse auf den Rest des Lebens ziehen? Ja, sagt Marion Klimmer, unbedingt - auch bei den schlechten Eigenschaften. "Wenn jemand mal schummelt, lässt er vielleicht auch im echten Leben mal Fünfe gerade sein", nennt sie ein Beispiel. "Das ist aber vielleicht noch harmlos." Anders ist der Fall, wenn jemand seine Mitspieler gerne mit Psychospielchen unter Druck setzt oder mit Wutausbrüchen die Stimmung versaut. "Dann finde ich es auch okay zu sagen: "Mit dem würde ich gar keine Geschäfte mehr machen"."

Marion Klimmer