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Fülle des Wortlauts Briefwechsel von Clara und Robert Schumann

Was heute per Telefonanruf oder SMS erledigt wird, erforderte früher viel Aufwand. Der Komponist Robert Schumann und seine Frau, die Pianistin Clara Schumann, pflegten trotzdem einen ausgiebigen Briefwechsel mit anderen. Das "Gesamtwerk" wird bis 2025 publiziert.

Von Jörg Schurig, dpa 09.06.2020, 09:16

Dresden/Zwickau (dpa) - Die Liebesgeschichte des Komponisten Robert Schumann (1810-1856) und der Pianistin Clara Wieck (1819-1896) ist auch Leuten vertraut, die keine klassischen Konzertgänger sind.

Der Regisseur Peter Schamoni hat sie im Film "Frühlingssinfonie" mit Herbert Grönemeyer und Natassja Kinski in den Hauptrollen an Originalschauplätzen in Dresden und Leipzig gedreht. Der Streifen lockte 1983 Deutsche in Ost und West in die Kinos. Claras Vater Friedrich Wieck (im Film: Rolf Hoppe) will die Beziehung beider auf alle Fälle verhindern, Clara und Robert müssen ihre 1840 geschlossene Ehe vor Gericht erstreiten.

Schumann gilt als einer der bedeutendsten Komponisten der Romantik, seine Frau als nicht weniger bedeutende Pianistin. Beide pflegten einen intensiven Briefwechsel. Er gewährt Einblick in das Denken und Fühlen eines Paares, dem nicht nur sieben Kindern geboren wurden, sondern das sich auch in geschäftlichen Dingen als äußerst produktiv erwies. "Robert und Clara Schumann waren ein modernes Paar, geistig sehr rege und versierte Briefeschreiber mit einem wunderschönen Schreibstil", sagt Thomas Synofzik, Direktor des Schumann-Hauses in dessen Geburtsstadt Zwickau. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern gibt er seit 2008 den gesamten Briefwechsel der Schumanns heraus.

Etwa 20.000 Briefe des musikalischen Paares mit Angehörigen, Freunden Verlegern, Künstlerkollegen blieben erhalten. Bis 2025 sollen sie in mehr als 50 Bänden publiziert sein. Der Komponist und Forscher Klaus Kopitz spricht von einem der größten Projekte der Musikwissenschaft, allenfalls vergleichbar mit der Joseph-Haydn-Gesamtausgabe. "Die Themen der Korrespondenz sind sehr weit gefächert, sie reichen von sehr privaten Briefen wie Liebesbriefen bis hin zu Absprachen mit Verlegern und Konzertveranstaltern, die man heute wahrscheinlich schnell mit einem Anruf erledigen würde", sagt Kopitz.

Der große Umfang hänge auch damit zusammen, dass Robert Schumann als Redakteur der "Neuen Zeitschrift für Musik" zwangsläufig auf ein großes Heer von Korrespondenten in ganz Europa angewiesen war: "Clara Schumann wiederum musste ihre großen Tourneen minuziös planen, alles musste vorher besprochen werden, angefangen von den Terminen, Orten, Programmen und Hotelunterkünften bis hin zu Fragen des jeweiligen Instrumentes, der Vorankündigungen in der Presse und vieler anderer Details." Unterm Strich gestatte die Korrespondenz einen einmaligen, tiefen Blick in das Kulturleben des 19. Jahrhunderts. Damit bekomme man zugleich ein Gefühl für die enorme Lebensleistung des Paares.

Kopitz fand heraus, dass Robert Schumann während seiner Bekanntschaft mit Clara eine Geliebte hatte: "Es waren die Jahre, als Vater Wieck seiner Tochter Kontaktverbot zu Robert verordnet hatte. Möglicherweise war es eine Hausangestellte, mit der er sich da zeitweise tröstete", sagt Museumschef Synofzik. Schumann gab seiner Muse den Decknamen Charitas. Dahinter soll sich die vier Jahre ältere Dienstmagd Christiane Apitzsch verbergen, die Schumann wohl im Hause von Friedrich Wieck kennenlernte: "Die Identifizierung war möglich, weil Schumann mit Charitas ein gemeinsames Kind hatte", berichtet Kopitz. Das Mädchen kam im Januar 1837 in Leipzig zur Welt.

"Die Briefe an die Eltern und Kinder sind intime Dokumente. Clara hat darin ihrer Mutter beispielsweise ihre Geburten und Schwangerschaften geschildert", berichtet Synofzik. Mit den Briefwechseln werde auch deutlich, wie sehr sich Clara Schumann für die Erziehung ihrer Kinder engagierte: "Sie wurden wie damals üblich in Pensionaten untergebracht, Clara musste ja konzertieren. Sie hat aber immer versucht, die beste Betreuung für ihre Kinder zu organisieren. Sie wollte die Geschwister stets paarweise unterbringen."

Michael Heinemann, Professor an der Dresdner Musikhochschule und Mitherausgeber der Briefedition, hat auch kuriose Dinge entdeckt. So habe Roberts Mutter Christine auf "Sächsisch" geschrieben - also im Dialekt und orthografisch nicht korrekt. Für ganz spezielle Ausdrücke hält die Edition deshalb "Übersetzungen" parat. Eine Hürde habe auch Robert Schumann schlecht lesbare Handschrift bedeutet, die selbst von Briefpartnern thematisiert worden sei. Der Dresdner Dichter Peter Lyser habe sich bei Schumann revanchiert, indem er absichtlich in einem Brief unleserlich geantwortet habe.

© dpa-infocom, dpa:200609-99-359493/4

Informationen zur Briefedition

Robert-Schumann-Haus Zwickau

Robert-Schumann-Forschungsstelle Düsseldorf

Angaben des Verlages zur Briefedition