1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Buch
  6. >
  7. Über Depressionen: "Stellt euch vor, ich bin fort"

Eine Art Liebesgeschichte Über Depressionen: "Stellt euch vor, ich bin fort"

Erst Kurzgeschichten, dann ein Buch über die Finanzwirtschaft, beide bekommen gute Kritiken. Aber jetzt hat Adam Haslett das Buch geschrieben, das er "schreiben musste", wie er selbst sagt. Es erzählt eine traurige Geschichte, basierend teils auf seiner eigenen.

Von Christina Horsten, dpa 13.02.2018, 13:37

New York (dpa) - Das Buch beginnt mit zwei Suiziden. Depression in der Familiengeschichte, ein zutiefst trauriges Thema - aber eines, das Adam Haslett gut kennt.

"Auch in meiner Familie gibt es psychische Störungen. Mein Vater hat sich umgebracht, als ich 14 war, so wie es auch im Buch passiert", sagt der Schriftsteller. "Stellt euch vor, ich bin fort" sei das autobiografischste der drei Bücher, die er bisher geschrieben habe. "Es ist das Buch, das ich schreiben musste und es war eine erlösende Erfahrung."

Haslett schafft es, das traurige Thema nicht in ein düsteres, sondern ein komplexes Buch zu verwandeln. "Ich habe gemerkt, dass es eine Art Liebesgeschichte über eine Familie ist. Es geht um Menschen, die versuchen, sich zu lieben durch all diese Umstände hindurch. Sie bemerken, dass die Liebe für jemand anderen verändern kann, wie man ihm hilft, dass es beim Helfen oft genauso um den Helfenden geht, wie um denjenigen, dem geholfen wird."

Zwei Bücher hat der 47-Jährige aus Massachusetts, der inzwischen im New Yorker Stadtteil Brooklyn lebt, bereits geschrieben: einen Band mit Kurzgeschichten und einen Roman, der in der Finanzwirtschaft spielt. "Aber für diese Buch jetzt brauchte ich Lebenserfahrung, Mut und auch einfach den Platz im Kopf, um es so zu erzählen, wie ich es wollte", sagte Haslett der Deutschen Presse-Agentur.

Der Lohn: Die Kritiker der englischsprachigen Welt feierten das Buch, ob in der "New York Times" oder im "Guardian". Gerade ist es auch auf Deutsch bei Rowohlt erschienen. "Ich tendiere dazu, die Besprechungen nicht zu lesen, denn die Stimme des Kritikers steigt einem zu schnell in den Kopf. Manchmal mache ich es später. Einige der besseren zu diesem Buch habe ich gelesen, aber vorher hat sie jemand für mich gefiltert." Der wirkliche Lohn für ihn seien die vielen Zuschriften von Lesern.

Ab Ende Februar geht Haslett auf Lese-Tour durch Deutschland und die Schweiz. "Was ich besonders daran mag, nach Deutschland zu kommen, ist dass ich ständig über Politik ausgefragt werde. Diese Idee, dass ein Schriftsteller jemand ist, der die Kultur kommentiert, die ist in den USA schon vor langer Zeit verloren gegangen. Aber ich mag das sehr, denn ich bin ein Politik-Junkie, schreibe viel dazu und denke ständig darüber nach."

Bis zu einem neuen Buch von Haslett dürfte es noch eine Weile dauern. Zuletzt hat er vor allem Drehbücher geschrieben, sowohl "Stellt euch vor, ich bin fort" als auch drei Kurzgeschichten aus seinem ersten Buch sollen demnächst verfilmt werden. "Ansonsten beschäftige ich mich derzeit intensiv mit Lesen, aber das ist alles Vorbereitung zum Schreiben. Mir geht es gerade wie einem Koch, nachdem er ein großes Essen zubereitet hat. Danach ist die Speisekammer leer und man muss wieder Material sammeln."

- Adam Haslett: Stellt euch vor, ich bin fort, Rowohlt-Verlag, 464 Seiten, 22,95 Euro, ISBN 978-3498030285.

Webseite von Adam Haslett