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Vor 25 Jahren starb Friedrich Dürrenmatt

Kaum ein Schüler kommt an ihm vorbei: Friedrich Dürrenmatt hat Klassiker geschaffen und ist einer der bekanntesten Schweizer Autoren. Ein Museum und ein Film beleuchten nun seine bisher unbekannte, private Seite.

Von Sandra Walder, dpa 13.12.2015, 12:30

Zürich (dpa) - Noch zu Lebzeiten hat es Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt geschafft, in die Riege der Weltliteraten aufzusteigen. Auch heute sind die Themen seiner Werke aktueller denn je und werden in Theatern auf der ganzen Welt aufgeführt.

Die Romane des Schweizers wurden in über 44 Sprachen übersetzt. Am Montag (14. Dezember) jährt sich Dürrenmatts Todestag zum 25. Mal. 

Sein Werk in all seinen Formen ist gekennzeichnet durch Radikalität und Untergangsvisionen. Dürrenmatt legt auf der Bühne, in Texten oder in Bildern den Finger in die Wunde. Er kritisiert den Materialismus und die Käuflichkeit der bürgerlichen Gesellschaft. Plakativ und mit leicht lesbarer Sprache stellt er die Engstirnigkeit der Menschen dar und stellt schonungslos gesetzte Normen infrage.

Seinen Durchbruch schaffte er 1956 mit dem Werk, das bis heute zu seinen bekanntesten zählt: der klassisch-modernen Tragikomödie Der Besuch der alten Dame. Die Uraufführung am Zürcher Schauspielhaus, wo das Stück jetzt wieder im Programm ist, brachte ihm Weltruhm und finanzielle Unabhängigkeit. Die Milliardärin Claire Zachanassian reist in ihren verarmten Geburtsort zurück. Sie verspricht den Bewohnern Reichtum, wenn mörderische Rache an ihrem ehemaligen Geliebten genommen wird.

Die Komödien Die Ehe des Herrn Mississippi (1952), Die Physiker (1962) und Der Meteor (1966) machten ihn bekannt. Humor war seine Form, Distanz zu der Welt zu bewahren, die er sonst nur schwer ertrug. Seine verfilmten Kriminalromane wie Der Richter und sein Henker (1952) oder Hörspiele trugen zu seinem Erfolg bei. Er erhielt fast alle wichtigen Auszeichnungen, wie den Georg-Büchner-Preis. 

Zu seinem Todestag legt Diogenes in Zürich alle seine Stücke in einem Band auf. Dürrenmatt ist tot, aber sein Werk quicklebendig, heißt es vom Verlag. Die Nachfrage ist ungebrochen, obwohl er sein Publikum immer herausforderte. Er animierte zum Nachdenken, lieferte keine leicht verdauliche Kost. Warf Fragen auf, ohne diese zu beantworten.

Dürrenmatt kam am 5. Januar 1921 in Konolfingen im Kanton Bern als Sohn eines protestantischen Pfarrers zur Welt. Weder in der Schule noch beim Studium der deutschen Literatur, Kunstgeschichte und Philosophie glänzte er mit guten Leistungen. Lange haderte er damit, ob er als Schriftsteller oder als Maler arbeiten soll. Meine Zeichnungen sind nicht Nebenarbeiten zu meinen literarischen Werken, sondern die gezeichneten und gemalten Schlachtfelder, auf denen sich meine schriftstellerischen Kämpfe, Abenteuer, Experimente und Niederlagen abspielen, schrieb Dürrenmatt einmal.

Rund 1000 Einzelbilder und verschiedene Hefte umfasst die Sammlung des Centre Dürrenmatt. Im alten Haus im schweizerischen Neuchâtel, in dem er fast 40 Jahre wohnte, ist das 2000 eröffnete Museum für sein künstlerisches Schaffen untergebracht. Er hat ein Gesamtwerk aus Literatur und Malerei erschaffen. Trotzdem wollte er seine Bilder als private Leidenschaft betreiben und keiner Kritik aussetzen, sagte Madeleine Betschart, Leiterin des Centre Dürrenmatt. Mit Ausstellungen und Initiativen versucht das Museum die bisher unbekannte Seite Dürrenmatts der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

25 Jahre nach dem Tod des Dramatikers kommen weitere neue Facetten des Privatmannes ans Licht. Der Kinofilm der Schweizerin Sabine Gisinger Dürrenmatt - Eine Liebesgeschichte, der Anfang November in Deutschland anlief, beleuchtet die Beziehung des Künstlers mit seiner Frau. Über 40 Jahre war Dürrenmatt mit Lotti Geissler unzertrennlich. Die Schauspielerin und Mutter seiner drei Kinder war eine unverzichtbare Stütze in seinem Schaffen und bei Proben am Theater immer dabei. Ihr Tod stürzte ihn 1983 in eine Krise.

Seine Familie und er selbst gingen immer davon aus, dass der an Diabetes erkrankte und beleibte Dürrenmatt zuerst sterben würde. Der gesellige Schweizer liebte das Essen, den Wein und rauchte viel. Er war ein Genussmensch, sagte immer, er wolle im Kartoffelsalat begraben werden, erinnert sich sein jüngstes Kind, Ruth Dürrenmatt, im Film. Erst seine neue Liebe zur Filmemacherin Charlotte Kerr, die er 1984 heiratete, half ihm wieder auf die Beine. Mit ihr lebte der dick bebrillte Denker bis zu seinem Herzversagen zusammen.

Centre Dürrenmatt

Diogenes

Kinofilm

Schauspielhaus Zürich