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Oper Bayreuther Festspiele 2019: Runter vom Hügel

Ein kleiner Schritt für ein Opernhaus, ein großer auf dem Grünen Hügel: Die Bayreuther Festspiele wagen sich in diesem Jahr raus aus dem ehrwürdigen Festspielhaus - zumindest ein bisschen.

Von Britta Schultejans, dpa 19.07.2019, 12:15

Bayreuth (dpa) - Das Festspielhaus thront über Bayreuth. Auf dem Grünen Hügel erhebt sich der Tempel zur Anbetung Richard Wagners über die Stadt, in exponierter Lage und doch irgendwie weit weg vom Alltag der Stadt.

Die Bayreuther Festspiele haben, auch weil es jahrzehntelang als quasi unmöglich galt, Tickets zu ergattern, nach wie vor eine elitäre Anmutung. Wenn die Ehrengäste - auch in diesem Jahr wieder angeführt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - auf dem roten Teppich ankommen, dann waren die Bayreuther bislang eher Zaungäste.

Das soll in diesem Jahr nun anders werden - zumindest ein bisschen. "Sie können vorbeikommen, zusehen, miterleben", sagt Festspiel-Chefin Katharina Wagner im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Denn Tobias Kratzer, der Regisseur der neuen "Tannhäuser"-Produktion am Eröffnungstag, bringt Richard Wagners Oper raus aus dem Festspielhaus und runter vom Hügel.

"Es wird in diesem Jahr eine Besonderheit geben", sagt Katharina Wagner. "Wir werden den kleinen Teich im Festspielpark in der ersten Pause bespielen. Auch Leute, die keine Eintrittskarte haben, haben damit eine Chance, von den Festspielen etwas mitzubekommen."

Wie genau das aussehen soll, das sagt sie noch nicht. Nur soviel: Kratzer wird seine Version des "Sängerkrieges auf der Wartburg" in doppelter Hinsicht nach Bayreuth verlegen. "Es wird grundsätzlich auch das Festspielhaus Thema sein - das kann man sagen", sagt Wagner. Dabei wird es womöglich auch um die Sicherheitsvorkehrungen gehen, die inzwischen zu Bayreuth gehören wie die Festspiel-Bratwurst: Zaun, Kontrollen, Rucksackverbot.

Ein Bild zur Eröffnungs-Premiere, die vom russischen Star-Dirigenten Waleri Gergijew dirigiert wird, zeigt eine Frau mit blonder Mähne und abgebrannter Zigarette in der Hand, die sicher nicht zufällig an die 41 Jahre alte Festspiel-Chefin erinnert und die vom Teich aus zum Festspielhaus hochschaut. Neue Perspektiven in Bayreuth.

"Bayreuth erfindet sich eben immer wieder aufs Neue - das ist gut für die Stadt und gut für die Festspiele", sagt die Bayreuther Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe.

Ansonsten aber ist auch in diesem Jahr alles beim Alten. Pünktlich zum Festspiel-Start werden, wie sooft, zwei krankheitsbedingte Umbesetzungen bekannt: Weil "Venus" Ekateria Gubanova sich bei einer Probe verletzte, springt Elena Zhidkova bei der "Tannhäuser"-Premiere am Donnerstag für sie ein. Camilla Nylund ersetzt Krassimira Stoyanova, die für die gesamten Festspiele als "Elsa" im "Lohengrin" ausfällt. Zweimal gibt es in diesem Jahr eine ganz besonders prominente "Elsa" zu erleben: Niemand geringeres als Opern-Diva Anna Netrebko gibt ihr Debüt auf dem Grünen Hügel.

"Sie ist eine hoch-professionelle Frau und eine sehr angenehme Kollegin. Ich sehe der Sache mit großer Freude entgegen", sagt Dirigent Christian Thielemann, der sie schon in Dresden durch die "Elsa"-Partie begleitete, im dpa-Interview.

Thielemann, seit knapp fünf Jahren Musikdirektor in Bayreuth, steht in diesem Jahr nicht nur beim "Lohengrin" am Pult, sondern auch bei "Tristan und Isolde", der fünf Jahre alten Inszenierung von Festspiel-Chefin Wagner, die in diesem Jahr letztmals zu sehen sein wird. Eine Doppelrolle hat auch Tenor Stephen Gould. Er ist "Tristan" und "Tannhäuser".

Bei aller Zukunftsmusik wird es auch um die Vergangenheit von Bayreuth gehen in diesem Jahr. Am Mittwoch, dem Abend vor der Festspiel-Premiere, ist ein großer Festakt für Wolfgang Wagner geplant, den 2010 gestorbenen Enkel Richard Wagners und langjährigen, legendären Festspielleiter. Er hätte in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert. "Den Ort auf der Bühne, wo er immer gesessen hat, den gibt es heute noch", sagt Thielemann, der in ihm einen väterlichen Freund fand. "Das ist ein Klappsessel und es liegt eine Rose drauf. Wir reden oft über Wolfgang Wagner - eigentlich täglich."

Er sei ein sehr guter Intendant gewesen, sagt seine Tochter und Nachfolgerin Katharina Wagner. "Er hat einfach die Leute mitgenommen, ja mitgerissen, und das ist sicherlich etwas, das man von ihm auf jeden Fall lernen konnte. Und dass man nicht unerreichbar sein darf, sondern dass man wirklich da sein muss für sein Haus."

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