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Verhör Durchsuchungen bei russischem Starregisseur Serebrennikow

Der Theatermacher Kirill Serebrennikow ist ein Star im russischen Kulturleben - beliebt bei der hippen Moskauer Intelligenz, unbeliebt bei der Führung. Jetzt durchkämmen maskierte Polizisten sein Theater.

23.05.2017, 16:49

Moskau (dpa) - Bei dem russischen Starregisseur Kirill Serebrennikow hat die Polizei wegen angeblicher Veruntreuung Theater und Wohnung in Moskau durchsucht. Außerdem nahmen die Ermittler den international bekannten Künstler zum Verhör mit.

"Jetzt fahren die Ermittler und ich um zu klären, was mir vorgeworfen wird", sagte Serebrennikow vor Kameras, als er seine Wohnung verließ. "Ich bin geschockt und verwirrt." Kollegen werteten das Vorgehen der Behörden als Druck auf den unangepassten und regimekritischen Regisseur.

In dem Fall gehe es um die Veruntreuung von 200 Millionen Rubel (nach derzeitigem Kurs 3,1 Millionen Euro) durch eine von Serebrennikow gegründete Firma zwischen 2010 und 2014, teilte das Staatliche Ermittlungskomitee mit. Serebrennikow leitet in Moskau das Gogol-Zentrum und hat es zu einem der angesehensten Theater der russischen Hauptstadt gemacht hat.

Unklar blieb, ob sich die Anschuldigungen gegen ihn richten. Der Regisseur sei nicht Verdächtiger oder Angeklagter in dem Verfahren, sagte sein Anwalt Alexej Fedjarow der Agentur Interfax zufolge. Serebrennikow werde als Zeuge geführt, sagten nicht genannte Quellen im Justizapparat.

Serebrennikow (47) hat mit provokanten Inszenierungen und Filmen in Russland wie im Ausland Kultstatus erlangt. In Stuttgart bringt er derzeit die Oper "Hänsel und Gretel" auf die Bühne. Zugleich inszeniert er am Bolschoi in Moskau das Ballett "Nurejew" über den zu Sowjetzeiten in den Westen geflüchteten Startänzer Rudolf Nurejew. Dabei will er auch auf die Homosexualität des Tänzers eingehen.

In Russland ist Homosexualität stark tabuisiert. Als Serebrennikow einen Film über Peter Tschaikowsky (1840-1893) drehen wollte, verlor er die staatliche Filmförderung, weil er das Schwulsein des Komponisten nicht unerwähnt lassen wollte.

"Ich kann mir nur vorstellen, dass Kirill, der viele Aspekte unseres Lebens offen kritisiert, deshalb ins Visier der Staatsmacht und der Sicherheitsbehörden geraten ist", sagte der Regisseur Wladimir Mirsojew dem Radiosender Echo Moskwy. Die Durchsuchung bei Serebrennikow sei politisch, "egal welche Version die Ermittler dazu anbieten", schrieb der Journalist Stanislaw Kutscher auf Facebook.

Maskierte Sicherheitskräfte riegelten am Morgen das Gogol-Zentrum ab. Die Schauspieler mussten eine Probe unterbrechen, sich in einem Saal versammeln und die Handys abgeben. Abends werde wie geplant gespielt, sagte die Schauspielerin Tschulpan Chamatowa ("Goodbye Lenin"). Auch ein Moskauer Jugendtheater wurde am Dienstag durchsucht.

Theatermacher Stanislaw Kutscher auf VKontakte (Russ.)

Webseite Gogol-Zentrum Moskau (Russ.)