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"Runtergespart" Lübecker Theaterdirektor Schwandt wirft hin

Welchen Stellenwert hat die Kulturpolitik in Schleswig-Holstein? Für den Lübecker Theaterintendanten Schwandt den letzten. Er kündigt seinen Vertrag und warnt vor Viertklassigkeit der Bühne.

17.06.2019, 15:14

Lübeck (dpa) - Wegen der seiner Meinung nach unzureichenden Finanzhilfe des Landes hat der Lübecker Theaterdirektor Christian Schwandt das Handtuch geworfen. Er habe seinen unbefristeten Arbeitsvertrag zum 31. Juli 2020 gekündigt, sagte Schwandt am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

"Es ist nicht nur mein Eindruck in der Kulturszene, dass die Kulturpolitik in Schleswig-Holstein den absolut letzten Stellenwert hat." Noch spielten die Theater in Lübeck, Kiel und das Landestheater Schleswig-Holstein quasi in der zweiten Liga. "Jetzt laufen wir in Lübeck Gefahr, viertklassig zu werden", warnte Schwandt, der seit 2007 in der Trave-Stadt arbeitet.

"Wir sind schon jetzt so runtergespart, dass wir anspruchsvolle Opern wie zum Beispiel "Lohengrin" kaum noch auf die Bühne bringen können", sagte Schwandt. Dazu seien besonders gute Sänger nötig, die aber mit den vorhandenen Mitteln nicht mehr bezahlbar seien.

Hauptvorwurf Schwandts ist die nach seiner Ansicht viel zu geringe Dynamisierung der Landeszuschüsse um jährlich 1,5 Prozent. Der vom Land 2017 eingeführte Mindestlohn bedeute bisher jährlich vier Prozent höhere Personalkosten fürs Lübecker Theater. Dies sei schlichtweg nicht mehr leistbar.

Das Gesamtbudget des Theaters lag zuletzt bei gut 24,3 Millionen Euro, etwa 10 Millionen davon kamen als Zuschuss von der Hansestadt Lübeck. 10,69 Millionen Euro steuert das Land 2019 bei.

Kulturministerin Karin Prien (CDU) bedauerte die Entscheidung Schwandts: "Schleswig-Holstein verliert damit 2020 einen hervorragenden und verdienten Theatermann, der sein Haus im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit 20 Jahren über die 180 000-Besuchermarke gebracht und viele junge Menschen erreicht hat."

Gerade erst habe sie sich "vehement" dafür eingesetzt, dass die Dynamisierung der Zuschüsse für die kommunalen Theater von 1,5 auf 2,5 Prozent steigen sollte. "Wir wissen, dass die Theater in Schleswig-Holstein mehr Geld benötigen, und ich werde mich auch weiterhin für eine bessere Ausstattung einsetzen." Aber die Landesregierung unternehme nur "das haushalterisch Mögliche".

Prien hob hervor, dass für Lübeck seinerzeit die Zuschusshöhe trotz Einstellung der Sparte Ballett beibehalten worden sei. "Ich hätte mich gefreut, mit Herrn Schwandt gemeinsam an der Entwicklung der schleswig-holsteinischen Theaterlandschaft zu arbeiten."

"Frau Prien tut so, als ob sie sich für uns einsetzt", sagte Schwandt. Dabei habe ihre Vorgängerin Anke Spoorendonk (SSW) wenigstens die Dynamisierung von 1,5 Prozent "in einem heroischen Akt" durchgesetzt. Im übrigen würden die Theaterzuschüsse nicht mehr im Landesetat aufgeführt, sondern über den kommunalen Finanzausgleich fließen: "Das ist so kompliziert, dass es kaum jemand noch versteht."

Schwandt ist seit 2007/2008 Theaterdirektor in Lübeck. Trotz 183 000 Zuschauern im vergangenen Jahr gingen die Eigeneinnahmen des Hauses um etwa 100 000 Euro auf knapp 3,8 Millionen Euro zurück. Der Rückgang der Einnahmen ging laut Schwandt vor allem auf eine Zunahme junger Zuschauer zurück, deren Tickets stark rabattiert sind.

"Nun droht auch das erfolgreiche und vielfach ausgezeichnete Theater Lübeck ein Krisenfall zu werden" kritsierte der kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Martin Habersaat. "Das ist ein Verlust für die Kulturszene in Schleswig-Holstein und ein Alarmsignal an die Kulturpolitik." Gerade in Zeiten guter Tarifabschlüsse reichten Steigerungen der Landeszuschüsse um 1,5 Prozent nicht aus, um wachsende Personalkosten aufzufangen. "Einschnitte im Personalbereich sind aber ohne Qualitätsverluste nicht mehr möglich und nicht mehr verantwortbar."

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