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Only in New York? Shakespeare betrunken

Betrunkene Schauspieler und Shakespeare: Eine New Yorker Theateraufführung interpretiert Macbeth neu – indem die Schauspieler sich bei der Aufführung betrinken.

Von Stephanie Ott, dpa 09.12.2015, 08:12

New York (dpa) - Ein Shot, zwei Shots, drei Shots - so fängt eine Interpretation von Shakespeares Macbeth in New York City an. Ein Schauspieler des Ensembles von Drunk Shakespeare nimmt vier kurze Drinks – Gin, Tequila, Whiskey, Rum und Wodka sind dabei - zu Beginn des Stücks und dann mindestens zwei weitere Shots während der Aufführung.

Ich werde dafür bezahlt, dass ich trinke und Shakespeare aufführe, sagt Hauptdarsteller Tim Haber (26) lachend. Der gebürtige Hamburger lebt seit vier Jahren in New York und spielt die Hauptrolle Macbeth seit Mai.

Es ist ein Mix aus innovativem Theater, Improv und einer Comedy Show – und konstant ist das Publikum Teil des ganzen, leicht chaotischen Spektakels. Obwohl das ursprünglich ernste, tragische Stück theoretisch in Shakespeare-Englisch sein soll, improvisieren die Schauspieler spontan Texte und beziehen die Zuschauer mit ein - inklusive erotischem Lapdance für einige. Auch ein Dance-off mit dröhnender Miley-Cyrus-Musik findet bei der modernisierten Version eine Bühne.

Wir wollen "Macbeth" zugänglicher machen - nicht unbedingt für jüngere Leute, aber für alle, die in der Regel nicht Shakespeare sehen würden oder die Sprache abschreckend finden, erklärt Lisa Klages, Hausregisseurin bei Drunk Shakespeare. In seiner Zeit war Shakespeare für alle sozialen Schichten bestimmt, aber heutzutage wird er als hochintellektuell und anspruchsvoll angesehen.

Unsere Absicht ist es zu zeigen, was Shakespeare ursprünglich beabsichtigt hat. Seine Stücke sind voller Witze, und wir haben die Sprache und die Geschichte zugänglich gemacht, hoffentlich für alle Altersklassen, sagt Klages.

Die Produktion startete in Quinn’s Bar in Hell’s Kitchen in Manhattan, wurde aber nach kurzer Zeit so populär, dass sie in The Lounge der Roy Arias Studios im Theaterdistrikt der Stadt wechselte - mit acht Vorstellungen pro Woche.

Ein Trend in der New Yorker Theaterwelt heißt immersive theatre – innovatives, genre-übergreifendes Theater, für welches das Sleep No More der bekannteste Vorreiter ist. Ich glaube, dass das mehr und mehr an Bedeutung gewinnt, da das Publikum eine große Rolle spielt und selbst Leute, die sich nicht wirklich für Theater interessieren, ihren Spaß haben können, sagt Haber.

Die Schauspieler des Ensembles rotieren jeden Tag, wer der Betrunkene des Abends wird, so dass alle ihre Leber ein wenig schonen können. Auch auf der Website des Stücks wird ausdrücklich betont, dass Alkoholexzesse nicht gutgeheißen werden und dass nur ein gesundes Maß an Trinken unterstützt wird. Fragt sich nur, was William Shakespeare fast 400 Jahre nach seinem Tod zur betrunkenen Version von Macbeth sagen würde.

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