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Geburtstag Theaterstar Barbara Nüsse wird 75

Die Schauspielerin Barbara Nüsse wird 75 Jahre alt. Für die gefeierte Bühnenkünstlerin kein Grund, kürzer zu treten: Am Hamburger Thalia Theater probt sie Shakespeares "Sturm" – und spielt darin die männliche Figur des gewaltigen Zauberers Prospero.

Von Ulrike Cordes, dpa 16.02.2018, 12:46

Hamburg (dpa) – Sie verkörperte William Shakespeares tragischen König Lear am Schauspiel Köln und ist immer wieder in brisanten Elfriede-Jelinek-Uraufführungen ("Die Schutzbefohlenen", 2015) von Starregisseur Nicolas Stemann in Hamburg zu erleben.

Sie erhielt 2010 den hoch angesehenen Gertrud-Eysoldt-Ring der Stadt Bensheim (Hessen) und bleibt mit ihrem zweistündigen "Penelope"-Monolog nach James Joyce' Jahrhundertroman "Ulysses" aus den 80ern bis heute Kult. Kein Zweifel: Die Schauspielerin Barbara Nüsse gehört zur ersten Garde der Bühnenkünstlerinnen.

Am 17. Februar 1943 in Essen geboren, begeht die Aktrice mit der markanten hageren Gestalt und der facettenreich modulierenden Stimme am Sonnabend ihren 75. Geburtstag.

Viel Zeit zum Feiern dürfte ihr dabei nicht bleiben. Denn Nüsse steckt mitten in den letzten Proben zu Jette Steckels Inszenierung von Shakespeares Alterswerk "Der Sturm" am Thalia Theater (Premiere: 24. Februar). Ein Kraftakt für die Schauspielerin, die bei ihren Auftritten große innere Stärke, Wandelbarkeit und Glaubwürdigkeit ausstrahlt. Denn in dem tiefgründigen Stück um Macht und Ohnmacht, Geist und Natur gibt sie die Rolle des gewaltigen Zauberers Prospero.

Wie so häufig, wieder einmal eine Männerfigur für Barbara Nüsse. "Das Gemeinsame von Mann und Frau als Menschen ist eben weit bedeutender. Die Zuweisung der Rollen, die Trennung, nur ein Ergebnis gesellschaftlicher Vorstellungsbilder", sagt die Mimin im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.

Ihren eigenen oft wagemutigen künstlerischen Tatendrang erklärt sie so: "Ich bin vor allem immer neugierig geblieben." Und fügt hinzu: "Neugierig in Bezug auf die Veränderungen, die das Erzählen im Theater durchgemacht hat. Im Zusammenhang mit den Veränderungen, die wir in den letzten 50 Jahren durchgemacht haben. Die Welt ist heute eine so andere als vor 50 Jahren. Wir haben weniger Grund, hoffnungsfroh zu sein. Die Welt, von der die Bühne ja immer erzählt, verlangt heute eine andere Erzählung, und ich möchte darin mit erzählen."

Zu ihrem Beruf kam Nüsse, Tochter eines Fabrikanten, einst selbst auf ein wenig magische Weise. Als der Vater starb, war sie 17 - und fiel in ein Existenzloch. "Das dauerte ein ganzes Jahr", erinnert sich die Künstlerin, "als ich daraus auftauchte, brachte ich die feste Überzeugung von da unten mit in die Welt, dass ich Schauspielerin werden wollte. Ich wollte spielen, Rollen spielen, jemand anderes sein können. Eine Vorstellung davon, was der Theaterberuf sein würde, hatte ich nicht." Nach dem Besuch der Otto-Falckenberg-Schule in München bildeten später das Schauspielhaus Bochum und das Deutsche Schauspielhaus Hamburg wichtige Stationen ihrer Laufbahn. Regiegrößen wie Hans Lietzau, Werner Schroeter und Claus Peymann wurden zu Weggefährten.

Die Liebe zum Vater erklärt wohl auch, warum gerade sie so oft in Männerrollen agiert – so als Oskar Matzerath in Luk Percevals Fassung von Grass' Roman "Die Blechtrommel" 2015 am Thalia, dessen Ensemble sie seit 2010/11 angehört. "Ich habe mit vier oder fünf Jahren angefangen, der Sohn meines Vaters zu 'sein'", erzählt Nüsse der dpa, "ich habe wohl instinktiv gespürt, dass mein Vater sich einen Sohn wünschte. Mir hat es Spaß gemacht, Lederhosen zu tragen, mit Jungen zu spielen, keine Puppen, sondern eine elektrische Eisenbahn zu haben. Dass hinter dem Wunsch meines Vaters der Wunsch nach einem Erben für seine Firma stand, habe ich als kleines Kind natürlich nicht begriffen."

Am Ende schließt die Schauspielerin: "Ich war aber, als ich das dann verstehen konnte, damit einverstanden. Ich hätte also Betriebswirtschaft oder so etwas Ödes studiert."