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Prozesse Früherer NPD-Funktionär: Im Prozess ausgesagt

Am vergangenen Samstag kam es bei einer Solidaritätskundgebung für Lina E. in Leipzig zu Ausschreitungen. Wenige Tage danach sitzt die Studentin wieder in Dresden auf der Anklagebank und wird mit einer Straftat konfrontiert, die man ihr und anderen zur Last legt.

Von dpa Aktualisiert: 24.09.2021, 00:03
Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach einer Polizeistreife.
Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach einer Polizeistreife. Lino Mirgeler/dpa/Symbolbild

Dresden - Mit der Vernehmung eines früheren Funktionärs der rechtsextremen NPD ist der Prozess um mutmaßliche Gewalttäter aus der linken Szene am Mittwoch am Oberlandesgericht Dresden (OLG) fortgesetzt worden. Der 38-Jährige - vormals Stadtrat und Kreischef der NPD in Leipzig - schilderte, wie er am 2. Oktober 2018 von vier Vermummten vor seinem Haus zusammengeschlagen wurde. Er habe mehrere Tritte gegen seinen Kopf und gegen die Kniescheibe des linken Beines erhalten und lange Zeit zur Heilung gebraucht. Die Täter hätten ihn mit Pfefferspray besprüht, weshalb er die Angreifer nicht weiter habe erkennen können. Mit Blick auf ihre Statur gehe er aber von vier Männern aus. Einer habe die anderen aufgefordert, ihn - bereits am Boden liegend - auf den Kopf zu treten.

Die Generalbundesanwaltschaft wirft der Studentin Lina E. (26) und drei weiteren Mitangeklagten aus Leipzig und Berlin vor, zwischen 2018 und 2020 gezielt Menschen aus der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach attackiert und brutal zusammengeschlagen zu haben. Zudem sind Lina E. und die drei Männer im Alter von 26 und 36 Jahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Lina E. sitzt seit zehn Monaten in Untersuchungshaft, die drei Männer sind auf freiem Fuß. Alle Beschuldigten schwiegen bisher zu den Vorwürfen.

Der Zeuge berichtet, dass er 2014 schon einmal überfallen wurde. Bei dem neuerlichen Angriff seien bei ihm Bilder von damals sofort wieder aufgetaucht. Er habe versucht, sich mit Händen und Füßen zu wehren, um Hilfe gerufen und auch mehrere Zeugen an offenen Fenstern bemerkt. Die Angreifer seien dann geflüchtet. Kurz darauf habe eine Polizistin Erste Hilfe geleistet und ihn bis zum Eintreffen des Rettungswagens versorgt. Die Tritte der Angreifer seien so massiv gewesen, dass man das Profil eines Schuhs auf seinem Gesicht habe sehen können.

In der Vorwoche hatte ein 34 Jahre alter Kanalarbeiter ausgesagt, der Anfang Januar 2019 im Leipziger Stadtteil Connewitz Opfer eines Überfalls wurde. Nach Lage der Dinge war er eher zufällig ins Visier der Angreifer geraten. Er hatte erst am Morgen des Tattages erfahren, wohin ihn seine Route führt. Die Anklage geht davon aus, dass Lina E. einen Arbeitskollegen des Opfers mit Reizgas in Schach hielt, während mindestens vier Vermummte den 34-Jährigen traktierten. Er kam mit massiven Verletzungen in eine Klinik. Vor Gericht räumte er ein, als Jugendlicher der rechten Szene angehört und wegen Körperverletzung und Verwendens von Nazi-Symbolen eine sechsmonatige Haftstrafe bekommen zu haben. Er sei aber aus der Szene ausgestiegen.

Die Verteidigung der Angeklagten bestritt schon zum Prozessauftakt, dass ihre Mandanten eine kriminelle Vereinigung bildeten. Zudem monierten sie den Ort der Verhandlung. Der Hochsicherheitssaal des OLG war einst für Prozesse mit Terror-Verdacht geschaffen worden. Die Art des Verfahrens bringe ihre Mandanten in die Nähe von Terroristen, hieß es. Zudem seien vor Prozessbeginn Unterlagen, Dokumente und personenbezogene Daten an Medien lanciert worden, darunter an das in der rechten Szene beliebte „Compact-Magazin“. Ein faires Verfahren sei so nicht zu erwarten“, sagte einer der Anwälte.

Am vergangenen Samstag hatten mehrere Tausend Menschen in Leipzig für die Freilassung von Lina E. demonstriert. Dabei kam es zu Gewalt. Während des Aufzugs wurden mehrere Bankgebäude mit Steinen beworfen. Gegen die Fassade der Polizeidirektion Leipzig flogen Flaschen und Böller. Nach dem offiziellen Ende entzündeten Vermummte im Stadtteil Connewitz eine Barrikade. Für die Demo unter dem Motto „Wir sind alle LinX“ war bundesweit mobilisiert worden.