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Abgeordnetenhaus Opposition rechnet mit Koalition ab

Zehn Tage vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus werfen CDU, AfD und FDP dem rot-rot-grünen Senat Versagen auf der ganzen Linie vor. Die Koalition hingegen verweist auf zahlreiche politische Errungenschaften und spricht von guten Jahren für die Stadt.

Von dpa Aktualisiert: 17.09.2021, 19:53
Burkard Dregger (CDU), Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion in Berlin.
Burkard Dregger (CDU), Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion in Berlin. Jörg Carstensen/dpa/Archivbild

Berlin - Die Opposition in Berlin hat die letzte große Parlamentsdebatte dieser Legislaturperiode zu einer Generalabrechnung mit der Regierungskoalition und zum Wahlkampf genutzt. „Fünf Jahre Rot-Rot-Grün waren für die meisten Berlinerinnen und Berliner eine Zumutung, eine verlorene Zeit und eine Zeit der verpassten Chancen“, sagte der CDU-Fraktionschef und Oppositionsführer Burkard Dregger am Donnerstag. SPD, Linke und Grüne hielten dagegen und zogen nach fünf Jahren eine positive Bilanz ihrer Zusammenarbeit. „Es ist viel Gutes und Richtiges passiert“, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) zehn Tage vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 26. September.

Dregger meinte, Senat und Koalition hätten auf wichtigen Politikfeldern wie der Wohnungs-, Verkehrs- oder Sicherheitspolitik versagt. So sei der Wohnungsbau „erlahmt“, und es sei nichts für den weiteren Ausbau des U-Bahn-Netzes getan worden. Dem Land liefen Lehrer davon, und die Menschen müssten länger auf einen Termin im Bürgeramt warten als jemals zuvor. „Berlin hat Besseres verdient“, meinte Dregger. Viele Baustellen müssten nach der Wahl schnell repariert werden. Nötig sei ein „Neustart“, für den die CDU stehe.

Die AfD-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, Kristin Brinker, blies in der Parlamentsdebatte ins gleiche Horn. Die Vertreter anderer Parteien lebten offenbar „auf einem völlig anderen Planeten“, sagte sie. „Denn Berlin funktioniert leider nicht. Die deutsche Hauptstadt ist zu einer nationalen Lachnummer verkommen. Wir sind die einzige Partei, die die Probleme der Stadt benennt.“

Die FDP warf der rot-rot-grünen Regierung vor, in den letzten fünf Jahren in der Wohnungs- und Mietenpolitik mehr falsch als richtig gemacht zu haben. „Das ist die Politik, die gescheitert ist in den letzten fünf Jahren, die Dinge gegeneinander auszuspielen“, sagte FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja. „Vermieter gegen Mieter. Autofahrer gegen Fahrradfahrer. Fahrradfahrer gegen Fußgänger. Klassenkampf - Kulturkampf. Damit muss Schluss sein.“

Rot-Rot-Grün wies die Vorwürfe von sich und rekapitulierte die Erfolge der Regierung. Linke-Fraktionschefin Anne Helm sprach dabei über sozialpolitische Errungenschaften: „Wir haben 10 000 neue Kitaplätze und 20 000 neue Schulplätze geschaffen.“ Der Preis für das ÖPNV-Sozialticket sei gesenkt worden. „Und weil wir nicht mehr hinnehmen, dass Kinder und Jugendliche gestresst und hungrig in den Schulen sind, haben wir Schülerticket und Schulessen komplett kostenlos gemacht.“

Die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, erklärte, dass Rot-Rot-Grün „sogar die erfolgreichste Regierung in Berlin der letzten Jahrzehnte“ gewesen sei. „Wir haben das bundesweit erste Mobilitätsgesetz verabschiedet und bringen es nun immer mehr auf die Straße. Wir haben mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz Rechtsgeschichte geschrieben“, sagte die Politikerin. Außerdem seien mehr Polizisten eingestellt und die Kriminalitätsrate gesenkt worden.

SPD-Fraktionschef Raed Saleh stimmte ebenfalls eine Lobeshymne auf den Senat an. Die Koalition sei angetreten, einen Wandel zum Besseren zu erreichen. „Wenn ich auf die vergangenen fünf Jahre zurückschaue, so steht für mich fest: Ja, wir haben geliefert“, sagte er. „Wir haben an vielen Stellen einen Wandel zum Besseren hinbekommen.“

So habe Berlin allein durch Ankäufe 40 000 Wohnungen „zurückgeholt“ und den Landesmindestlohn auf 12,50 Euro die Stunde erhöht. Auch an anderer Stelle sei viel getan worden, damit Berlin für Normalverdiener bezahlbar bleibe. So habe es erhebliche Fortschritte bei „bester Bildung“ und bei dem Ziel gegeben, Bildung von der Kita bis zur Uni gebührenfrei anzubieten.

Regierungschef Müller sagte, mit dem erstmaligen Dreierbündnis unter sozialdemokratischer Führung sei es keine einfache Legislatur gewesen. „Wir haben uns das Leben auch selbst manchmal schwer gemacht, auch ich habe Fehler gemacht.“ Es sei aber auch viel für die Stadt erreicht worden.

Müller verwies darauf, dass ein Drittel der Amtszeit des 2016 gestarteten Senats von der Corona-Pandemie geprägt gewesen sei. „Wir waren nicht einen Tag schlechter als andere Bundesländer und konnten unsere Bürger gut schützen.“ Die eine oder andere Entscheidung in der Krise sei aber falsch gewesen und dann auch korrigiert worden.

Müller ging zudem auf die Defizite in der Verwaltung und die Lage an den Bürgerämtern ein, wo es Berlinerinnen und Berlinern nach wie vor schwer haben, zeitnahe Termine zu bekommen. „Es könnte besser laufen, das gebe ich zu.“ Aber das „pauschale Bashing“ gegen über 100 000 Mitarbeiter der Verwaltung sei unakzeptabel, weil diese auch viel leisteten. „Die Behauptung, dass in der Berliner Verwaltung nichts funktioniert, ist schlichtweg falsch.“