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Handwerk Friseure: Traumberuf braucht Nachwuchs und Entlastung

Kreativ sein, immer wieder Neues lernen, Kontakt mit Menschen, gilt als Lohn für einen Traumberuf - mit Licht und Schatten, Existenzsorgen - und Mut zum Risiko.

Von Petra Buch, dpa Aktualisiert: 12.12.2022, 22:49
Eine Friseurmeisterin schneidet in einem Salon einer Kundin die Haare.
Eine Friseurmeisterin schneidet in einem Salon einer Kundin die Haare. Jan Woitas/dpa

Halle/Magdeburg/Köln - Das Friseurhandwerk sorgt sich um den Nachwuchs. Obwohl der Beruf noch immer als Traumberuf junger Menschen gilt und unter den Top 10 in Deutschland ist, geht die Zahl der Auszubildenden deutlich zurück. So geht der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks (Köln) für 2022 nach vorläufigen Zahlen von einem Rückgang der Zahl der Auszubildenden von rund 20 Prozent aus. 2021 zählte dieses Handwerk bundesweit 15.900 Auszubildende, knapp 11 Prozent weniger als im Vorjahr. Vor zehn Jahren (2011) hatte es noch 30.500 Auszubildende in Deutschland.

Ähnlich ist die Lage in Sachsen-Anhalt. Nach Angaben der Handwerkskammer Magdeburg haben in diesem Jahr 54 Menschen eine Friseurausbildung (Stand: 30. November 2022) im Norden des Landes begonnen, in etwa so viel wie im Vorjahr. Aber 2012 waren noch 123 neue Ausbildungsverträge im Kammerbezirk abgeschlossen worden. Im Süden des Landes gibt es nach Angaben der Handwerkskammer Halle mit derzeit 94 Auszubildenden im Friseurhandwerk auch zu wenig Nachwuchs und nur etwa halb so viele Lehrlinge wie noch vor Jahren.

Gründe sind nach Angaben der Branche neben der demografischen Entwicklung Akademisierungstendenzen, wie Jörg Müller, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Friseurhandwerks, erklärte. Hintergrund ist, dass Schulabgängerinnen und Schulabgänger eher ein Studium als eine Berufsausbildung erwägen. Der Zentralverband fordert eine Bildungswende, um die berufliche Bildung aufzuwerten und auf diese Weise auch die Bereitschaft auszubilden, wieder deutlich zu verstärken. Es gelte die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung gesetzlich zu verankern.

Zu den drängendsten Problemen der Betriebe zählten aktuell die „Energiepreisexplosion, gestiegene Kosten und hohe Steuern“, erklärte Burghard Grupe, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg. Die Politik müsse dafür sorgen, dass die Belastung weniger werde. „Denn nur wenn sich Kundinnen und Kunden einen Friseurbesuch noch leisten können, sind gute Löhne und Gehälter im Friseurhandwerk möglich“, sagte er. „Auch kann nur ein finanziell gesunder Betrieb mit ausreichend Personal eine qualifizierte Ausbildung überhaupt sicherstellen“, sagte Grupe.

Die Zahl der Friseurbetriebe hat sich laut Zentralverband mit 80.000 Salons in Deutschland zwar konstant gehalten. Die Betriebsgröße schrumpfe allerdings auffällig, sagte Müller. Dies habe negative Auswirkungen für die Beschäftigung. Die Ausbildungsbereitschaft nehme dramatisch ab. Gab es 2019 noch 11.270 Ausbildungsbetriebe, bildeten 2021 nur noch 9345 Friseursalons in Deutschland aus (2020: 10.377).

Doch es gibt auch viel Mut und Risikobereitschaft in der Branche, auch auf dem Lande. Wie in der Kleinstadt Wettin-Löbejün (Saalekreis) beim Friseursalon von Jutta Härzer. Am 1. April 1990, wenige Monate nach dem Mauerfall, hatte sie sich selbstständig gemacht, angefangen „ganz allein im Keller“. Nach drei Jahrzehnten im Beruf, „mit Höhen und Tiefen“, übernimmt Enkelin Jasmin 2023 das Geschäft im Anbau des Hauses der Friseurmeisterin.

Die 21-Jährige hat nach dem Abitur und der Ausbildung ihren Meister gemacht, ist laut Handwerkskammer Halle eine der Besten ihres Fachs in Sachsen-Anhalt. „Für mich stand immer fest, dass ich handwerklich arbeiten will, als Friseurin. Weil das ein kreativer Beruf ist“, sagte Jasmin Härzer. Mit Blick auf die Übernahme des Geschäfts sagte sie: „Ich stelle mich dem Risiko“. Jutta Härzer ist „sehr stolz“ auf Enkelin Jasmin und überzeugt, dass die Kunden dem Salon die Treue halten und neue Kunden hinzukommen werden. „Die Jugend geht zur Jugend“, sagte die 64-Jährige. Sie werde weiter im Salon arbeiten als Mitarbeiterin - und mit der Enkelin als Chefin.